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Mission in Wunden

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Allmählich lüften sich die Schleier, die während der Kriegsjahre über dem Schicksal der katholischen Missionen lagen. Es sind nur wenig Nachrichten, die uns bisher erreichten, aber sie ergänzen eine im Dezember vorausgegangene, von der Fiitche“ veröffentlichte Darstellung durch erschütternde Einzelheiten.

Nach den bisherigen Meldungen fielen rund 100 Glaubensboten in China den Kriegsereignissen zum Opfer. In fünf chinesischen Provinzen ist das Missionswerk, die Fracht einer mehr als 200jährigen Arbeit, nahezu ganz vernichtet. Bekanntlich haben auch in Japan die katholischen Missionen überaus schwer gelitten.

Am allerhärtesten sind die Inselmissionen der Südsee getroffen. Die blühendste Mission des holländischen Kolonialreiches, die Kleinen Sunda-Inseln, verlor am 19. Jänner 1942 22 Missionare; sie waren infolge der Kriegsereignisse interniert worden und sollten nach Britischindien gebracht werden. Das als Kriegsgefangenentransport gekennzeichnete Schiff wurde auf hoher See von japanischen Flugzeugen versenkt. Mit den 22 katholischen Missionaren teilten auch 19 protestantische das gleiche Schicksal. Ein Brief des Bischofs der Kleinen Sunda-Inseln, Msgr. Leven, vom 1. Oktober 1945 zeigt, daß die zurückbleibenden Missionare von dem Schicksal ihrer Mitbrüder im Indischen Ozean keine Ahnung hatten und noch ihre Rückkehr bald erwarteten. Mehrere japanische katholische Priester und auch ein japanischer katholischer Bischof landeten im Vikariat der Kleinen Sunda-Inseln; diesen übergab Bischof Leven die Leitung der Mission. Von den japanischen Priestern, besonders vom Bischof, spricht Msgr. Leven mit der allergrößten Anerkennung: „Ich habe selten einen so edlen und heiligmäßigen Priester getroffen wie diesen Bischof, dem ich mit vollstem Vertrauen alles überlassen konnte. Er ist ein würdiger Sprosse der heldenmütigen Märtyrer von Nagasaki.“ Nach dem Berichte des Bischofs haben er und die japanischen Priester zeitweise mehr um das Leben der Missionare gebangt als diese selber. Ein Segen für die Mission, war es, daß bereits 13 einheimische Priester, von denen elf der Gesellschaft des göttlichen Wortes (St. Gabriel) angehören und sieben während des Krieges geweiht wurden, die größten Lücken in den Reihen der Missionare ausfüllen konnten.

Die Verheerungen in Neu-Guinea

Ein zweites großes Unglück traf am 6. Februar 1944 die Mission der St. Gabrieler Missionare in Neu-Guinea. Die von den Japanern internierten Missionare von Zentral-Neu-Guinea sollten beim Herannahen der Amerikaner mit einem japanischen Kriegsschiff weggeführt werden. Auf hoher See wurde das Schiff von amerikanischen Fliegern angegriffen und 65 Missionare und Missionsschwestern mit Bischof Wolf an der Spitze wurden getötet. Die zurückgebliebenen Missionare wurden von den Amerikanern in trostlosem Zustand halbverhungert aufgefunden. Einer der ersten, der ihnen Hilfe brachte, war Oberstleutnant Rev. N u w e r, der jetzige amerikanische Vertreter für katholische Angelegenheiten in Wien.

Schrecklich ist das Schicksal des Bischofs von Oit-Neu-Guinet, Msgr. Loerks, und seiner 49 Missionspriester, -brüder nd

-Schwestern. Am 18. Dezember 1942 erreichten die Japaner den Bezirk Wewäk. Sie trieben sofort alle Missionare zusammen und internierten sie auf der Insel Kairiru. Tagelang wurden sie Kreuzverhören unterzogen unter der Anschuldigung, sie hätten Spionage getrieben. Sie wurden zu harten Zwangsarbeiten herangezogen. Für die kleinste Übertretung, zum Beispiel, wenn sie die Verbeugung vor dem japanischen Aufseher nicht tief genug gemacht hatten, wurden sie mit Stöcken traktiert. Man suchte immer wieder den Missionaren die Erklärung abzupressen, daß sie im Dienste der Amerikaner Spionage getrieben hätten. Sie verweigerten die Unterschrift unter die ihnen vorgelegte Erklärung. Daraufhin wurde der Bisdiof, 13 Patres, 18 Brüder und 18 Missionsschwestern auf ein japanisches Kriegsschiff verladen — seit dieser Zeit fehlt-von ihnen jede Spur. Das Geheimnis ihres Schicksales wird immer dunkler, da eine Insel nach der andern von den amerikanischen Streitkräften zurückerobert wurde, ohne daß die Verschleppten entdeckt wurden. Die Möglichkeit, daß sie noch auf irgendeiner Insel des Südpazifik leben, ist kaum noch gegeben. Zwei weitere N e u-Guinea-Missionare, die bei dem japanischen Offizier Protest einlegten, weil ihnen von den Soldaten alle Habe geplündert worden war, wurden mit einem Schiff flußaufwärts gebracht und barbarisch e r-mordet.

Nach allen diesen blutigen Verwüstungen bilden die Missionen von Zentral- und Ost-Neu-Guinea ein überaus trauriges Bild. Das Werk einer mehr als 50jährigen Tätigkeit, an der auch die österreichischen Katholiken einen nicht geringen Anteil haben, ist vernichtet.

Fast sämtliche 700 Gebäude der Mission sind zerstört.

Zwei Bisdiöfe, 115 Missionare und Missionsschwestern sind getötet oder vermißt.

Auch die Missionare vom Heiligsten Herzen (Salzburg-Liefe-r i n g) stehen vor schmerzlichen Verlusten. Die Mission von R a b a u 1 stand im Brennpunkt der Schlacht um die Herrschaft in der Südsee. Um die wichtigsten und größten Stationen tobten die Kämpfe. Seit 1942 hat diese Mission allein 13 Priester, 15 Brüder und 6 Schwestern durch den Tod verloren. Dabei ist zu befürchten, daß diese Angaben noch nicht vollständig sind.

Schwer getroffen wurden auch die Missionen auf den Philippinen. Am 26. Oktober 1942 wurde Bischof Wilhelm Finnemann S.V. D., der frühere Weihbischof von Manila und Organisator des Eucharistischen Weltkongresses und Apostolischer Präfekt von Mindoro, von den Japanern ermordet, als er Philippino-Mädchen vor der Vergewaltigung durch japanische Soldaten schützen wollte. Fünf Priester wurden bei Bombenangriffen getötet, zwei Patres wurden von den Japanern erschossen. Andere starben an den Entbehrungen. 15 Dienerinnen des Hl. Geistes (Stockerau) und sieben Klausurschwestern fielen Bombenangriffen zum Opfer. In amerikanischen Zeitungen und Zeitschriften wird unter den Kriegsopfern der Philippinen-Mission besonders Pater Theodor Buttenruck S. V. D. gefeiert, als der „Priester der Gefangenenlager“. Er wußte sich immer wieder Zutritt zu den amerikanischen Kriegsgefangenen der Japaner zu verschaffen. Er war den Japanern ein Rätsel und immer wieder fragten sie ihn, warum er sich als Deutscher so viel Mühe um diese Gefangenen mache. Bis März 1944 setzte Buttenruck sein Werk fort. Dann wurde er eingekerkert und hungerte langsam fast zu Tode. Es gelang, ihn freizubekommen. Da erreichte ihn eine Vorladung vor die japanischen Behörden auf dem Rathaus zu Manila und von dort kehrte er nicht mehr zurück. Als die amerikanischen Streitkräfte die Stadt eroberten, fand man seinen verstümmelten Leichnam unter den Trümmern inmitten zahlreicher anderer Toter.

Sechzehn ausgehungerte und kranke Missionare konnten noch rechtzeitig beim Vormarsch der Amerikaner aus den japanischen Konzentrationslagern gerettet werden.

Ein fürchterliches Blutbad richteten die Japaner unter den katholischen Priestern vor der Zurückeroberung Manilas an. Nicht weniger als 70 Priester verschiedener Orden und 15 Schulbrüder wurden von ihnen hingemordet.

Wenn einmal die Geschichte der Opfer dieses großen Ringens geschrieben wird, dann wird diesen im Dienste des christlichen Glaubens- und Liebeswerkes gefallenen Helden ein besonderer Ehrenkranz gebühren. Unter ihnen waren viele Österreicher und die meisten der in diesem Aufsatz aufgezählten Priesteropfer haben in Österreich ihre missionarisdie Ausbildung genossen.

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