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Neuer Frühling

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Es wäre wert, einmal auf breitester Grundlage zu untersuchen, welche Rolle die aus katholischen Seminaren hervorgegangenen Lehrer und Lehrerinnen in Oesterreich in der Abwehr der volkszerstörenden Mächte und in der Entbindung aufbauender Kräfte bei uns in diesem Jahrhundert gespielt haben. Wenn wir einen umfassenden Einblick in die Werdezusammenhänge unserer Geistesgeschichte hätten, hätten wir vielleicht keine Bedenken, zu unterschreiben, was eine langjährige Leiterin einer unserer katholischen Lehrerinnenbildungsanstalten aus ihrer Erfahrung in folgendem Bekenntnis niedergelegt hat: „Wenn wir heute von einem katholischen Oesterreich noch sprechen dürfen, so bestimmt zum Großteil nur deshalb, weil in ganz Oesterreich die katholischen Lehrer- und Lehrerinnen

Zu den in dieser Uebersicht angeführten Schulen sind noch die in den letzten zwei Jahrzehnten liquidierten Anstalten hinzuzufügen: die der Schulbrüder in Feldkirch (Vorarlberg), die der Marianisten in Freistadt (Oberösterreich) und die ebenfalls von den Marianisten geleitete R. K. Anstalt in Mattersbuig (Burgenland). Aus diesen drei zusätzlichen Schulen sind in der Vorkriegszeit etwa 1500 Lehrer hervorgegangen. Damit wächst die Zahl der Lehrer, die die katholischen Seminare in diesem Jahrhundert ausgebildet haben, zu einem Heer von nahezu 20.000 an.

Wenn wir nun die Zahl der Kinder, die jeder von diesen 20.000 Lehrern erzieherisch in seiner Berufslaufbahn beeinflußt hat, mit mindestens dreihundert veranschlagen, so kommen wir auf die gewaltige Masse von 6 Millionen Kindern, auf die die Wirksamkeit der katholischen Lehrerund Lehrerinnenbildungsanstalten ausgestrahlt ist. Freilich hat es unter diesen zweimal zehntausend auch Versager gegeben. Immerhin können wir als Unterstgrenze annehmen, daß mindestens die Hälfte davon durchaus positiv christlich gewirkt haben. Es bliebe dann noch immer die eindrucksvolle Schar von 3 Millionen Oesterreicher, die in diesem Jahrhundert eine ausgesprochen christliche und vaterländische Erziehung durch ehemalige Zöglinge katholischer Seminare genossen haben.

Aus der Vergangenheit können wir auf die Zukunft schließen. Was würde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschehen, wenn diese über das ganze Bundesgebiet hingestreuten katholischen Bildungsburgen ihre Tore schließen müßten? Wahrscheinlich würden unsere künftigen Volksbildner nicht mehr in der Atmosphäre eines Heimes, wo sich alle wie in einer Familie’ kennen, in stetem persönlichen seelischen Austausch mit Leitern und bildungsanstalten ihre Schüler wohlvorbereitet und als Wegbereiter des Reiches Christi ins Berufsleben hinausschicken.“ Weil unsere Widersacher wissen, was für einen mächtigen Damm diese Anstalten gegenüber den’ unchristlichen Geistesströmungen darstellen, gilt ihnen ihr unerbittlichster Kampf. Darüber dürfen uns alle gelegentlichen Anerkennungen und Verbeugungen vor unseren Leistungen durch amtliche Organe nicht hinwegtäuschdn.

Weil selbst viele Glaubensgenossen kaum eine Ahnung haben, welch unersetzlicher Besitz diese Anstalten für unsere ganze Volksgemeinschaft bedeuten, geben wir im folgenden eine gedrängte Uebersicht über den Bestand und das Wirken unserer katholischen Lehrerseminare.

Lehrern heranreifen und in einer ganz pädagogisch abgestimmten Umwelt allmählich in ihren Beruf, hineinwachsen, sondern in einem kaum zu vermeidenden unpersönlichen Massenbetrieb an die Aufgaben ihres Berufes herangeführt werden.

Ein Nachgeben auf diesem Gebiete wäre zur Stunde um so unbegreiflicher, als alle Anzeichen dafür sprechen, daß ein neuer Frühling für unsere Lehrerbildungsanstalten angebrochen ist. Nach einer fast zehnjährigen Stillegung in der Hitler- zeit war der neue Anfang ungemein schwer. Dazu kam noch, daß der Lehrerberuf wegen Ueber- füllung fast überall als eine aussichtslose Angelegenheit hingestellt wurde. Heute hat sich alles gewendet. Die Nachfrage nach Lehrern ist heute stärker denn je. Dazu kommt noch, daß die negative Phase in der Jugendpsyche doch überwunden zu sein scheint und der Idealismus leise wieder erwacht und damit auch wieder der Sinn für einen Stand, der wie kaum ein anderer auf edler Geistigkeit aufgebaut ist. Das hat zur Folge, daß in allen Anstalten die Zahl der Bewerber bedeutend gestiegen ist. An die zweitausend Kandidaten bereiten sich in unseren kirchlichen Anstalten auf das Volksschullehramt amt vor. Die Berichte, die die Direktoren und Direktorinnen bei der gründenden Versammlung der Arbeitsgemeinschaft erstatteten, waren durchweg günstig und wußten alle von einem neuen Aufleben zu künden. Vor allem wurde auch hervorgehoben, daß die Kandidaten von echtem Berufsethos beseelt sind, nicht, wie man da und dort hört, dem Beruf bald den Rücken kehren, sondern ihm fast hundertprozentig treu bleiben. Wir haben es also nicht mit absterbenden oder dahinsiechenden, sondern mit neuaufstrebenden Gebilden zu tun, die die beste Gewähr bieten, zum allgemeinen geistigen Wiederaufbau einen entscheidenden Beitrag zu lejsten.

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