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Sechs Jahre nach dem Krieg..;
In der amerikanischen katholischen Wochefirevue „America“ (Nr. 25/1951) kritisiert John La Farge heftig das Bestreben vereinzelter österreichischer Behörden, noch sechs Jahre nach dem Krieg Nutznießer nationalsozialistischer Raubzüge auf ordenseigene Räumlichkeiten zu sein. Wir geben im folgenden die ernsten Vorhalte des amerikanischen Publizisten, die er an einen besonders krassen Fall in Innsbruck knüpft, auszugsweise wieder. Sie können bei den zuständigen Stellen nicht überhört werden.
„Die österreichische Furche“ Sechs Jahre nach dem Krieg halten österreichische Behörden immer noch Gebäude besetzt, welche die nationalsozialistischen Eroberer seinerzeit für sich geraubt hatten. Diese Behörden machen sogar wiederholt Schwierigkeiten, den rechtmäßigen Besitzern die Miete zu zahlen.
Ein besonders bemerkenswertes Beispiel dieser Art bildet das Schicksal des Kollegs und Seminars der Jesuiten in Innsbruck und seines Zweiginstituts, des Canisianums für Nicht Jesuiten in derselben Stadt. Die Nationalsozialisten vertrieben die Jesuiten aus ihrem Kolleg, das vor 400 Jahren vom hl. Petrus Cani-sius gegründet worden war, in der Rekordzeit von einer halben Stunde. Gegenwärtig sind im Jesuitenkolleg die Büros der Bundespolizei und im Canisianum die Finanzbehörden einquartiert. Rechtlich sind die Jesuiten zwar die Besitzer ihres alten Eigentums, sie können aber ihre Gebäude nicht benützen. Trotz wiederholter Vorstellungen bei den Behörden haben sich diese geweigert, die gesetzmäßige Miete für eines der besetzten Häuser zu zahlen, und stützen sich dabei auf die billigere Miete, die seinerzeit noch im Krieg vom „Gauleiter“ willkürlich bestimmt worden war.
Eine solche Maßnahme, die in den Jahren unmittelbar nach dem Krieg wegen Mangels an Wohnraum hätte entschuldigt werden können, müßte doch im Laufe von sechs Jahren endlich in Ordnung gebracht werden können.
Diese höchst ungerechte Saumseligkeit des österreichischen Regimes in Hinsicht auf die wissenschaftliche Arbeit in Innsbruck ist noch von besonderem Interesse für die Amerikaner. Die zwei oben angeführten Institute beherbergten bis 1938 300 bis 400 Theologiestudenten. Unter diesen waren jedes Jahr 30 bis 40 Amerikaner. Die übrigen kamen aus fast allen wichtigeren Diözesen Europas. Hunderte von Priestern und Ordensleuten sowohl des römischen als auch des östlichen Ritus, die für ihren Glauben unter den Nationalsozialisten oder hinter dem Eisernen Vorhang das Martyrium erleiden oder erlitten, sind Alt-Innsbrucker. Die theologische Fakultät der staatlichen Universität Innsbruck, an der sie studierten, hat seit langem internationalen Ruf. Heute zählt sie zu ihren Professoren so hervorragende Männer wie die Brüder Hugo und Karl R a h n e r und den bekannten Liturgiker Josef Andreas Jungmann.
Mehr als 500 Priester und sechs Bischöfe in den Vereinigten Staaten absolvierten ihre Studien in .Innsbruck und wurden dadurch „kulture\^e Vertreter“ für Österreich. Das herrliche Canisianum, ein Meisterwerk moderner Architektur, wurde zum großen Teil durch die Hilfe der amerikanischen Alumnen gebaut. Und heute kann kaum die halbe Anzahl der Theologiestudenten von früher dort untergebracht werden, weil das Haus von staatlichen Behörden besetzt gehalten wird.
Am beklagenswertesten ist das Schicksal der Innsbrucker theologischen Bibliothek. Bei meinem Besuch in Innsbruck im Mai dieses Jahres war ich von Freude ergriffen, als ich die schöne kleine Fürstenkapelle in der Universitätskirche wiederhergestellt sah. Wie so viele andere Amerikaner hatte auch ich dort die erste heilige Messe gelesen. Aber meine Freude war von kurzer Dauer, und ich wurde als alter Alumne des Canisianums mit Trauer erfüllt, als ich sah, daß die herrliche Sammlung von 100.000 Bänden im Staub und Zwielicht einiger Gänge im Jesuitenkolleg in der Sillgasse untergebracht werden muß und für den Gebrauch der Studenten kaum zugänglich ist. Die Innsbrucker Universität, die gerade durch ihre theologische Fakultät sich einstens rühmen konnte, eine „Uni-versitas nationum“ — eine Stätte mit Manschen von allen Nationen unter dem Himmel — zu sein, leidet wirtschaftlich und kulturell schwer durch diese Saumseligkeit.
Zwei Dinge sind es, die ein wiederauf-Bteigendes Österreich ein- für allemal entfernen soll: die Konfiskationspolitik der Nationalsozialisten und ihre Verachtung religiöser und kultureller Werte. Nur so wird Österreich mithelfen, in der Zukunft den Frieden 'md die Sicherheit in Europa zu garantieren.
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