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Völker im Volke Österreichs

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Die deutsch-kärntnerische Argu-mentation, daß die sogenannter Windischen (natürlich nur jene, di< sich selbst als solche fühlen und bezeichnen und es entschieden ablehnen, als — nationale — Slowener angesehen zu werden) keine Slowenen sind, ist, wie wir gesehen haben im Bereich des Sprachenrechte! falsch. Sie ist aber, im Sinne der bereits erwähnten neuesten Arbeit zurr Thema von Joh. Wilh. Mannhardt überall dort richtig, wo es auf das Volks(tums)bekenntnis ankommt Wer sich nicht als Slowene bekennl und bekennen will, muß bei der allgemeinen Beurteilung der slowenischen Volkstumspolitik außer Betracht bleiben. Er vermehrt damil freilich das Zahlenpotential des Mehrheitsvolkes. Das heißt, daß dort, wo es auf das slowenische Volksbekenntnis ankommt, also ganz allgemein in der Politik, im öffentlichen Leben und in der Presse und im Vereinsleben, man nur so viele Menschen als zur slowenischen Minderheit gehörig annehmen kann, als sich zu ihr bekennen. Diese Zahl deckt sich im wesentlichen mit den „Na-tional“slowenen, also jenen, die sich in der Volkszählung als der Sprachzugehörigkeit nach „slowenisch“ oder „slowenisch-deutsch“ oder „slowenisch-windisch“ bezeichnet haben, Das sind 1961 10.524 Personen. Geht man davon aus, daß die Volkszählung nicht alle, die sich als Slowenen bekennen wollten, auch als solche erfaßt und ermittelt hat, weil aus welchen Gründen auch immer unrichtige Angaben oder Eintragungen zum Nachteil der slowenischen Sprachgruppe erfolgten, so wird man diese Zahl noch zu erhöhen haben. Volkszählungen mit Sprachzählung ergeben überall, sogar, wie Dami“ zur letzten Volkszählung nachweist in der Schweiz, Unrichtigkeiten zu Lasten der autochthonen Bevölkerung, wenn eine wirtschaftlich, politisch oder sozial machtvollere ethnische Gruppe vorhanden ist. Man könnte in Kärnten, ohne daß hiefür freilich irgendein exakter Beweis erbringbar wäre, noch einen Teil der sich nach Sprachzugehörigkeit als „Windische“ bezeichnenden Personen (besonders in Orten wie Zell, Moos, Vellach) als „verhinderte Nationalslowenen“ der slowenischen Minderheit dem Volkstum nach zurechnen. Man kommt dann vielleicht auf 13.000 bis höchstens 14.000 Personen. Daß diese Rechnung annähernd stimmt, hat die Landtagswahl 1965 ergeben. Bei dieser erzielte die nur von der katholischen nationalslowenischen Gruppe (Volksrat, Narodni Svet) aufgestellte Liste (Koröska volilna skupnost; Kärntner Wahlgemeinschaft) 4272 Stimmen58. Da man das Zahlenverhältnis zwischen den sozialistisch-titoistischen Slowenen und den katholischen Slowenen 1:2 einschätzt, wären im Falle einer eigenen Kandidatur einer linksgerichteten slowenisch-nationalen Partei rund 6100 bis 6200 slowenische Stimmen herausgekommen. Etwas über die Hälfte der Kärntner Wohnbevölkerung gab bei der Landtagswahl Stimmen ab. Den 6200 anzunehmenden nationalslowenischen Stimmen entsprechen daher 12.400 nationalslowenische Personen. Diese Zahl ist wegen der höheren Geburtenrate der Slowenen und der daher relativ größeren Zahl noch nicht wahlberechtigter Personen auf 13.000 bis maximal 14.000 auszudehnen.

Eine Fülle von Wirkungsmöglichkeiten

Im Verhältnis ta dieser doch im ganzen geringen Zahl volksbewußter Slowenen haben die (also diese) Slowenen heute ein imponierendes Maß an politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Organisationen und an Ausdruckskraft im öffentlichen Leben. Noch nie, seit es überhaupt eine demokratische öffentliche Ordnung in diesem Lande gibt, haben die Slowenen über eine solch machtvolle Fülle an Wirkmöglichkeiten verfügt. Zur Zeit der Monarchie waren sie noch nahe dem Niveau der sogenannten Geschichtslosigkeit, ohne politische Organisationen, im Grunde auch, trotz der sehr einflußreichen katholisch-nationalen Zeitung „Mir“5*, ohne Presse, von den deutschnationalen Antiklerikalen konsequent verfolgt. Anfänge einer sozialdemokratischen Bewegung bei den Kärntner Slowenen sind in den letzten Jahren in Laibach, besonders in den Arbeiten von PletersW und auch in dem Buch von Zuntter-St-dak-Bogdanov“, in Randstreifungen auch in Hans Mommsens grundlegenden Werk“* durchforscht worden, doch darf man diese nicht überschätzen. Im wesentlichen waren die Kärntner Slowenen bis 1920 ohne politische Organisation.

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