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Gerettetes und Bedrohtes

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Das romantische Durchbruchstal der Donau, die Wachau, zählt mit seinen malerischen Städtchen und Marktflecken, mit seiner Fülle an kulturhistorischen Bauten aller Stilepochen zu den bezauberndsten Landstrichen Österreichs. Kunst und Natur bildeten hier Jahrhunderte hindurch eine Einheit von vollkommener Harmonie. Und gerade im 20. Jahrhundert droht dieser Landschaft Gefahr. Gefahr, der Herr zu werden dringlichste Aufgabe des Naturschutzes und der Denkmalpflege geworden ist.

Die Sorgen der Denkmalpfleger und Naturschützer sind freilich nicht neu. Schon 1910 klagte der „Wachauer Almanach”: „Was Kunst und Natur eigenartig hier geschaffen haben, ist von Tag zu Tag mehr bedroht.., Nicht nur Gevatter Schneider und Schuster entscheiden mit dem Bau- oder Maurermeister frei über das ihnen zufällig gehörende Stück alter traditioneller Kunst; auch der Herr Pfarrer entfernt aus ,Stilbedürfnis’ die prächtigen Mär- nioraltäre der Barockzeit aus ,seiner’ Kirche, um dafür Fabrikschundware einzutauschen, und auch die Gemeinden sind nur zu leicht geneigt, einer geraden Baulinie wegen oder aus nicht stichhältigen Gründen der Verkehrsfreiheit alte Bauwerke zu opfern. Dafür entstehen nun die Erzeugnisse des Geschäftsgeistes und der ins Provinzlerische übersetzten letzten Mode als schreiende Denkmale der Geschmacklosigkeit unserer Zeit.”

Sorgen. 50 Jahre alte Sorgen. Det verdiente Heimatforscher der Wachau, Prof. Gottfried Hoffmann, der vor kurzem seinen 70. Geburtstag feierte, ist froh, daß in den letzten Jahren immerhin einiges zur Erhaltung des Landschaftsbildes geschehen ist: In Krems wurde die gotische Gozzoburg freigelegt, mehrere Bürgerhäuser und die Apsis der Dominikanerkirche wurden restauriert. Die Romanik-Ausstellung in der ehemaligen Minoritenkirche der Kremser Schwesternstadt Stein wirbt für die Schönheit der Wachau. Das lange bedrohte Ortsbild von Dürnstein — für dessen Erhaltung sich „Die Furche” immer wieder eingesetzt hat — konnte durch den Tunnelbau gerettet werden, das spätgotische Rathaus aus dem Jahr 1547 wurde renoviert, wobei einige Renaissance-Sgraffiti freigelegt werden konnten. In Weißenkirchen strahlt das Schiffmeisterhaus in neuem Glanz, während in Wösen- dorf und in Joching der Prandtauerhof und der Lesehof wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt wurden. Für die Wehrkirche von St. Michael — der allerdings der „Aufputz” durch etwas wilden Wein nicht schaden könnte — wurden 300.000 Schilling bereitgestellt, zeigten sich doch in Wänden und Gewölben gefährliche Risse. Sach- und stilkundig wurden die Pfarrkirchen von Schwallenbach und Aggsbach renoviert.

Viel ist geschehen. Aus Liebe, aus Idealismus. Und viel bleibt noch zu tun. Etwa, wenn man sich entschließen könnte, Plätze und Häuserzeilen in ihrer Gesamtheit zu erneuern. (Die Beispiele von Langenlois oder Freistadt könnten Schule machenJ Noch immer verunzieren Leitungsdrähte und Masten — in Weißenkirchen, Wösendorf, Rossatz oder Emmersdorf — Wände und Dächer wertvoller Bauten. Unwiederbringlich dahin ist der Zauber der alten Wehrkirche St. Michael: Geopfert der Schnellstraße und den häßlichen Steinfiguren des Rastplatzes, der stark an einen kitschigen „Zwergl- garten” erinnert. Bäume gefällt wurden in Maria-Taferl. Der „Appellplatz”, der neu geschaffen wurde, erinnert mit der Vermauerung der Berglehne durch gewaltige Natursteinmauern eher an ein Arbeitslager denn an einen Versammlungsort frommer, andächtiger Wallfahrer.

„Da draußen in der Wachau .. Leise verklingt das Lied. Überdeckt vom Brausen der Motoren. Die kühle Abendluft riecht nach Auspuffgasen …

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