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YVVER den Schaden hat, der hat auch den Spott.

Den Schaden haben wir: der Wiener Stadtsenat hat dem Projekt „Heinrichshof“ in seiner letzten Sitzung die Baugenehmigung erteilt. Daraufhin löste et sich auf. Aber der Heinrichshof wird gebaut werden. Das Bundesdenkmalamt hat keinen Einspruch erhoben, und niemand kann die Bezirksstelle der Baupolizei noch daran hindern, die endgültige Bauerlaubnis zu geben. Ja, der Heinrichshof wird nicht nur in seinen alten Baulinien Wiedererstehen — wenn auch als einförmiges Bürohaus —, es wurden vom Stadtsenat in diesem Fall sogar ausnahmsweise „einige geringfügige Abweichungen von der Bauordnung" gestattet! So wird der Heinrichshof nun in der Form gebaut werden, wie er dem Geschmack und den Bedürfnissen seines Bauherrn, der Opernringhofgesellschaft, entspricht. Aber wer den (Bau-) Schaden hat, der hat auch den Spott. Denn es ist nichts als Hohn, wenn die beteiligten Architekten nun erklären, sie würden durch „schöne Fenstervergitterungen“ auf das Staatsoperngebäude Rücksicht nehmen. Und die Arkaden, die sie bauen wollen, würden den Passanten einen besonders günstigen Ausblick auf die Oper gewähren. Vielleicht wird man auch durch die Wahl von Spiegelglasfenstern, besonderer Dachziegel und gotischer Rauchfänge sich dem Bauwerk gegenüber anpassen wollen

‘T’ESCHNERS Figurenspiegeä, ein Puppenspiel, das in der Welt nicht seinesgleichen hat, ist in der Adventzeit zu neuem Leben erwacht. Die Marionetten, die längere Zeit in Wandschreinen der Theatersammlung der Nationalbibliothek ruhten, werden wieder vor die Spiegel treten, sich höflich verbeugen uhd dann den „Drachentöter“ und die „Weihnachtslegende“ zeigen. Drei Assistentinnen

Teschners werden die Figuren führen. Im nächsten Jahre sollen dann auch die Schachfiguren und die japanischen Schattenbilder wieder auftreten dürfen.

Der Vorführsaal der Theatersammlung in der Hofburg wird die Welt der Puppern für uns bewahren: so sind die Figurenspiele Teschners, dessen Figuren immer mehr als bloßes Spielzeug waren, doch nicht mit ihrem Schöpfer gestorben.

pvAS frühere Gartenpalais Kaunitz in der Amer- lingstraße, jetzt ein Bundesgymnasium, präsentiert sich in neuem, ansprechendem Gewand. Soweit es die gründliche Entzauberung des einst reizvollen Barockpalastes durch die seinerzeitige „Adaptierung" noch zuließ, wurde die Fassade neu gestaltet, so daß das Gebäude nun einen intimeren, persönlichen Eindruck macht. Aus der vorgelagerten Rasenfläche hat die Gemeinde Wien eine geschmackvolle Grünanlage geschaffen, die an einem verkehrsreichen Punkt in einem garitenarmen Bezirk das Auge erfreut. Die „Furche“, die den früheren Zustand mißbilligend feststellen mußte, gibt gerne von seiner Aenderung Nachricht.

TVE Herbstausstellung einer großen Künstlervereinigung bekam erfreulichen Besuch: Oeffentliche Stellen, Vertreter von Stadt und Land eilten durch die Räume, um die Bildey auszusuchen, die sie ankaufen wollten. Leider schienen sie in der Eile zu übersehen, daß für den Ankauf eines Bildes nicht nur das Thema (in diesem Falle: niederösterreichische Landschaft oder Wiener Stadtszenerie) maßgebend sein sollte. Sondern auch die Qualität. Oder nur die Qualität?

T TNGEFÄHR zweimal jährlich erscheinen die Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, jedesmal als umfänglicher Band.

Im letzten Heft findet sich eine ausführliche und ausgezeichnete Kritik der Ausstellung „Bauernwerk der Alten Welt“ von Univ.-Prof. Dr. Robert Heine-Geldern. Sie ist an die zehn Seiten lang. Da können Argumente für und wider gewogen werden, da kann Kritik geltend gemacht und begründet werden. Was für die Museen recht ist, Sollte für die Musen nur billig sein. Wir würden, uns eine Zeitschrift wünschen, die unsere Kunstausstellungen ebenso eingehend und sachlich würdigen könnte.

C CHON seit einigen Monaten werden die Wiener Festwochen 1955 „geplant“ und vorbereitet.

Zu Theater, Oper und Konzert soll in diesem Jahr das Ballett treten. Zu dem angekündigten „Fest des Tanzes" erwartet man das Jugoslawische Nationalballett, das Ensemble der Berliner Städtischen Oper, das unter seiner Leiterin Tatjana Gsowsky das „Hamlet“-Ballett von Boris Blacher aufführen soll, und eine japanische Tanzgjruppe. Wenn man eine richtige Auswahl trifft und weder „Abraxas“ noch „Rondo vom goldenen Kalb" und „Orpheus“ ausläßt, kann man hoffen, daß das Wiener Ballett neben den Gästen bonne -figure machen wird.

JM Jahre 1953 hat jeder Bürger der westdeutschen Bundesrepublik, vom zarten Säugling bis zum Greis, rund 13 DM oder 80 S für den Kinobesuch ausgegeben. Von den für Bildung und Unterhaltung insgesamt ausgegebenen 4,3 Milliaisden D-Mark entfielen 627 Millionen oder rund ein Siebentel auf Kinokarten. — Das bedeutet, nicht bloß zahlenspielerisch, daß der deutsche Bürger im Durchschnitt auch wirklich ein Siebentel seiner Verstandes- und Herzensbildung aus den Filn- inhalten bezieht. Wird einem da nicht bange?

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