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Künstlerischer Aufbauwille in Vorarlberg

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Vorarlberg ist daran, eine Kulturstätte zu schaffen, die berufen ist, am äußersten Westpfeiler unseres Vaterlandes unser geistiges Leben würdig zu repräsentieren. Im Zuge der Planung zum Neuaufbau der Stadt B r e g e n z wird das alte Kornhaus zu einem großen Theater mit Konzerthaus umgebaut. Damit entsteht das erste ständige Theatergebäude Vorarlbergs und Bregenz wird künftig nicht nur die politische Hauptstadt, sondern auch das Kulturzentrum des Landes sein. Infolge der günstigen Verkehrsverbindungen wird das Bregenzer Theater auch dam Industriegebiet von Dornbirn und Lustenau zur Verfügung stehen; mancher Wiener fährt von den Bundestheatern länger nach Hause als der Dornbirner von Bregenz. Wenn einmal die Grenzen wieder leichter zu überschreiten sind, ist sicher damit zu rechnen, daß das Bregenzer Theater- und Konzerthaus allabendlich Gäste aus Lindau und Friedrichshafen, aus Rorschach und Romanshorn anzieht, von den schweizerischen „Vorstädten“ von Bregenz Au, St. Margreten und Rheineck gar nicht zu sprechen. Die neue Stätte österreichischer Kultur wird weit über die Grenzen unseres Landes wirken.

Eine künstlerische Vorbereitung zur Gründung des eigenen Theaterbaues hat die Schaffung der Landesbühne Vorarlberg gemacht, die nun nach Schönherrs „Erde“ Mells „Apostelspiel“ durch die Städte und größeren Gemeinden des Landes trägt, unter großen Opfern der Mitwirkenden, die schlecht geheizte Säle und mangelnde Unterkunftsmöglichkeiten nicht scheuen. Wer täglich von seinem Heim in dasselbe Theater geht, weiß die Opfer des Künstlers kaum zu schätzen, der im tiefen Winter, unter zeitbedingten Schwierigkeiten heute in Dornbirn, morgen in Hohenems, übermorgen in Götzis in einem Gasthaussaal auftritt. Aber die Vorarlberger Landesbühne ist ein Kulturinstitut geworden das aus dem Leben des Landes nicht mehr wegzudenken ist. Im „Apostelspiel“ hat eine junge Künstlerin aus dem Lande selbst, Eva O r 1 e r, ganz großes Können gezeigt — wann wird sie als Gret-chen auf einer führenden Bühne stehen? Auch ihre Partner, Richard W e g e 1 e r als Johannes, Toni S t a 11 e r als Petrus und Kurt Z i p s als der alte Bergbauer, sind vollendete Interpreten des eigenartigen Spieles.

Ein großes Beethoven-Konzert in Bregenz leitete einen neuen Abschnitt in der Geschichte der Instrumentalmusik des Landes ein. Die Schaffung eines Landes-symphonieorchesters mit dem Sitz in Bregenz verbürgt künstlerische Höchstleistungen für die Zukunft. Aber ncht nur große Einzelleistungen werden angestrebt,auch ein Hochstand allgemeiner musikalischer Bildung soll erzielt werden: mit Ausnahme von Bludenz sind sämtliche Musikschulen . des Landes mit über 1000 Schülern wieder eröffnet. Der erfreulich hohe Besuch der Musikschulen gibt die Gewähr, daß die Befürchtung, das Radio werde die Hausmusik ersticken, hierzulande unberechtigt war. S

Vorarlberg wird binnen kurzem die W i e-ner Sängerknaben und im April ein kleines Burgtheater-Ensemble im Lande begrüßen. Die Filmtheater sind sämtlich eröffnet. Da die Zufuhr von Filmen aus Wien noch immer stockt, werden gute französische Filme gegeben; überdies sind Werke der Schweizer Produktion im Anrollen.

Sprachkurse für Französisch wurden bis in die kleinsten Orte durchgeführt und fanden 1350 Teilnehmer, meist aus der Jugend.

Sämtliche Arbeitsgebiete des Regierungsreferates für Kunst, Kultur und Wissenschaft, an dessen Spitze Bundesrat Eugen Leissing steht, zeigen eine hervorragende Aktivität. In knappen dreiviertel Jahren, unter drük-kenden Alltagssorgen um Verpflegung und Beheizung, ist auf kulturellem Gebiet. ein Schaffenseifer entwickelt worden, der für die Zukunft des neuen Österreich zu den schönsten Hoffnungen berechtigt.

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