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Romantisch und modern

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Der spanische Dirigent Ataulfo Argenta leitete das 5. Konzert des Zyklus „Romantische Musik“. Nach Dvoraks Fünfter spielte Jörg Demus, ein wenig gehemmt, aber durchaus in modo romantico, Schumanns Klavierkonzert, von den Wiener Symphonikern begleitet, die es unter diesem eleganten Schaudirigenten nicht immer leicht hatten. Als Schlußstück und Clou: Strawinskys „Feuervogel-Suit e", 1910 geschrieben und frischer als das meiste aus jener Zeit, klangglitzernd und differenziert gespielt, mit klugen Dämpfungen im „Höllentanz", der sonst manchmal in eine Lärmorgie ausartet.

Hans Swarowsky begann das Ravag- Konzert „Klassisch — Romantisch — Modern" mit Haydns Symphonie C-dur und kam über Wagners Tannhäuser-Ouvertüre mit Bacchanal zu Franz Schrekers Suite zu Oscar Wildes „Geburtstag der Infantin" (im Secessionsstil von 1908; das mag man oder man mag es nicht) und abschließend zur Novität des Tages: Wilhelm I-Iübners „Phantasie und Fuge". Wir kennen von diesem Wiener Komponisten, Jahrgang 1915, drei expressive Tongemälde, die 1948 uraufgeführt wurden. Aehnlich wie im letzten jener Stücke, das den programmatischen Titel „Ultima Battaglia"trug, scheint auch die jetzt uraufgeführte „Phantasie" ein bestimmtes Programm zu illustrieren. Man hört dumpfe Trauermarsch- Rhythmen, die von vielstimmig-gellendem Kriegsgeschrei eines großen Bläserensembles übertönt werden, dann folgt eine quasi Adagio, in dem eine kleine Trommel ihr gespenstisches Unwesen treibt: eine Begleitmusik zu Bildern von Goya oder Kubin.

In der „Fuge" werden die Stimmen kriegerisch gegeneinander geführt, werden gewaltige Klangblöcke gestemmt und krachend gegeneinander geworfen. Soweit das Programmatische. Als Komposition zeigt diese Partitur in ihrer dichten Arbeit und in ihren eigenartigen Farben durchaus Eigenprofil und verdiente es, auch im Konzertsaal vorgestellt zu werden. (Das besprochene Konzert, das die Vielseitigkeit des Dirigenten Hans Swarowsky erwies, ist am 17. März um 20,15 Uhr über den Sender Wien I zu hören.)

Im dritten Konzert des Kammerorchesters unter Heinrich Hollreiser gab es zwei Novitäten: ein ziemlich überflüssiges, eher ins Gebiet der Unterhaltungsmusik gehöriges Gitarrekonzert von Mario Medina (mit dem Spanier Narciso Yepes als Solisten) und die „Mythologischen Figurinen" von Rudolf Wagner- Re g e n y, dem Komponisten der Opern „Der Günstling" und „Johanna Balk". Die drei Orchesterbilder Ceres, Amphitrite und Diana, die sich auch als choreographische Musik eignen würden, erinnern in der Sparsamkeit der verwendeten Mittel sowie in der Sicherheit und Eleganz ihrer Kontur an Boris Blachers beste Stücke. Für die scharfen Akzente und eine gewisse Trockenheit im Klang scheint Strawinsky Vorbild gewesen zu sein. Die drei musikalischen Figurinen haben die edle, aber ein wenig blutarme Schönheit präraffaeli- stischer Gestalten und deren hohen artistischen Reiz.

Ein ungarisches Konzert im Zyklus M u s i c a viva mit Werken von Ködaly und Bartök leitete der Basler Dirigent Paul Sacher. Der 1922 ent standene „Psalmus hungaricus" für Tenor, Chor und Orchester von Zöitan Ködaly auf den Text des 55. David-Psalmes, wirkte nach den vorausgegangenen Kompositionen von Bela Bartök ein wenig konventionell und nicht sehr ursprünglich ungarisch. Freilich profitiert B a r t ö k s naturmagische „Cantata profaną"nach einer rumänischen Volksballade auch von dem eigenartigen und hochpoetischen Text: Ein Vater mit seinen neun Söhnen jagt im Karpatenwald ein Rudel Hirsche. Ihre Geschosse können das verzauberte Leittier nicht treffen, und die Jäger werden selbst in Hirsche verwandelt. Aber was a)s Strafe gedacht war, wird ihnen zur Freude: „Ihr leichter Fuß tritt nie des Herdes Asche, tritt allein des Waldes Moos. Ihr schlanker Körper mag nicht Kleider tragen, schmiegt sich nur an Ast und Laub; und auch ihr Mund wird nie mehr Becher leeren, trinkt nur aus schimmernd klarem Quell." Hier spürt man, wie der Komponist ganz eins ist mit dem Text, der, als das Werk geschrieben wurde, auch einen geheimen politischen Nebensinn hatte. — Nicht ganz so einheitlich ist der Eindruck, den man von Bartöks 2. Klavierkonzert empfängt. Das liegt vor allem daran, daß Bartök hier neoklassische Elemente zu assimilieren versucht, die sich mit seinem charakteristischen, ungarisch gefärbten Personalstil nicht recht verbinden wollen. Ein wenig spröd wirkt auch der langsame Satz; aber mit dem Allegro- Finale erspielte sich Edith Farnadi einen ungewöhnlich stürmischen Applaus. (Es begleiteten die Wiener Symphoniker;. Chöre:, Wiener Singakademie.)

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