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Allerliebstes Bäsle!

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Sind derweylen mit dero elysi-scher Extra-Post im austriaki-schen Salzburg angelangt, allwo sie wie alle Jahr ein sommerlich Festspiel inszenieren und meine Opera mit gemeiniglich Kurtzweyl würtzen und aufführen. Haben da wie ich schon gehöret allerley neue Instrument, so gar sonderlich tönen, derweyl selbige in ein elektrisch Kastel, genannet Computer, eingeführet und aus dem-selbigen fremdiglich herauskommen. Meine treffliche „Entführung aus dem Serail” ist eine seltsam Entführung ins Internet worden. Doch da sie dieselbe im Hofe der Ertzbischof-Residenz spielen und denselbigen des-sethalben sogar gegen den allhier häufig prasselnden Schnürlregen beschirmet haben, macht es mich gar neugierig, was da herfür- und herauskommet. Potztausend, ein gar mächtig Gaudi mueß seyn! Wer mag nicht die Sau rauslassen und den Osmin einen Trottel nennen, da solches bei den heutig Austriaken doch in politico höchst ehrerbietig gebrauchet wird.

Hab mich umgeschaut in dero kulturerblich besiegelten Stadt und die Köpf studieret, so in den kostbarlichen Schaufenstern prangen. Sind lauter ehrbar Maestri und gewaltige Kehlköpf, mit geheymen Zeichen umrahmet, genennt CD, scheinet mir ein gar heilig Orden, ist aber nur ein silbern Scheiben, so die Leut in dero Werkel einlegen und tönen lassen.

Mein eigen Kopf mit der weißen Perücken, so in Salzburg sogar die Straßenmusici vor der Domkirchen tragen, mein eigen Kopf also ist auch vervielfältiget. Soll doch keiner von denen Böswichten sagen, daß heutzu-täg die Compositeur nit genannt und gezeiget werden. Doch wo sitzet mein eigen Mozartkopf allenthalben? Aufs Goldpapierl gedrucket und mit dem-selbigen ein Schokoladkugel eingewickelt. Einen Kugler haben sie gemachet aus mir, einen süßen Nacht-musicus. Sollten sich doch ihre Kugeln sonstwohin stecken oder schmeißen! Jeder frißt mich und verpickt sich mit mir. Ein Sack Pfeffer sollt ich ihnen hineintun, daß sie niesen und kotzen. Und ein solch

Geräusch sollen sie dann einblenden in mein Requiem, auf daß sie begreifen, daß ich kein Salzburger Marzipan-Nockerl bin!

Herzallerliebstes Bäsle, sey nit grimmig derweyl ich so angefressen bin. Allerweyl haben wir Spaß vertragen und gemacht. Ich glaub, der Maestro Harnoncourt und die paar anderen Leut, die meine rauheren Tön hervorholen, die tuns damit ich nit in der Zuckerlglasur zur austriakischen Torten werde.

Die gläsernen Kästen, so sie in der Getreidegassen in meinem Geburtshaus anleuchten, sind ja noch passabel. Die Fremden, so sich drum drängen, wollen ein säuberlich geordnet Chaos sehen. Aber in dem Gehaus gegenüber, da haben sie jetzo ein Land aufgemacht. Mit dem Land haben sies sowieso, mit Teppich und Foto und Bauern, keiner mag einen Laden, jeder hat ein Land. Und mir haben sie in dem Land, aus dem sie mich hinausgeschmissen haben, jetzo ein Land geschenkt, ein Mozart-Land. 0 wie mir grauset! Ein Mozart-Wein zu sauffen, ein Mozart-Aschenbecher ihre Tschick draufzuschmeißen, ein Mozart-Kaffeehäferl und ein Mozart-

Waschlappen, ein Mozart-Leiberl und mich selber in jeder Groß und Färb, keramisch und plastisch, von vorn und hinten, mit Geigen und Noten. Wo war sonst ein Austriake, der solches sich gefalln ließe!

Da hats sogar die Hof- und Kom-merzienrät gebeutelt und die gnä Frau Festspielpräsidentin, so vom Geschäft kommt und was davon versteht, hat gemeint, das war ein grauslicher Kitsch. Da gfallt mir ja noch das neue Olympia-Emblem für Anno 2006, wo auch mein Kopfumriß drauf ist, noch besser. Ich weiß zwar nit, was ich mit den Bennern und Springern, so in Salzburg zusammenkommen sollen, zu tun hab. Aber die Salzbürger wissen ja auch nit, ob sie überhaupt kommen. Hauptsach, ich bin da.

Weißt was, liebs Bäsle, am besten wir verduften uns und schaun uns das von der Wolken aus an. Ich küss und hertz dich tausendmal und überallhin, wo du willst. Alles andere sag ich dir mündlich, sonst sagen sie wieder, wir seyn ordinär und geben denen Studiosi ein gar übel Beyspiel mit unsere Ausdrück.

Dein Wiffi, Waffi, Wuzzi, Wappi, eben dein geliebt Wölfl.

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