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Aus der Versenkung geholt

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Nestroytheater: Die jetzige Inszenierung des „Zerrissenen“ müßte es allen Beteiligten und den Zuschauern endlich klarmachen — so geht es nicht! Für ein neues Bühnenbild ist nicht genügend Geld da? Gut. Dann hätte wenigstens ein Bühnenbildner das Vorhandene mit Elan einsetzen müssen. Diese Rumpelkammer eines Ungenannten tut aber den Augen weh... Hat man nicht die Zeit oder Möglichkeit, die Originalmusik zu spielen? Gut. Dann hätte man sich wenigstens über einen befriedigenden Kompromiß den Kopf zerbrechen müssen. Dieses pseudoelegische, in jeder Hinsicht dilettantische Tonbandgesäusel von Fred Kübeck geht jedenfalls auf die Nerven ... Hat man keine erstklassigen Nestroy-Schauspieler? Gut. Dann müßte man wenigstens guten Durchschnitt gut einsetzen. Dieses saft- und kraftlose Vor-sich-hin-Agieren ohne jeden Witz hingegen ist ermüdend und geht hauptsächlich auf das Konto des Regisseurs Leo Neustifter (obwohl einem auch am Talent so mancher Schauspieler berechtigte Zweifel aufsteigen). Ihm gelingt es mühelos, die Pointen unter den Tisch fallen und den „Zerrissenen“ als recht langweiliges Stück erscheinen zu lassen ... Man muß dem Nestroytheater wünschen, daß es mehr investiert. In jeder Beziehung. Denn so geht es nicht.

Tribüne: Nach dem Erfolg der Kavalkade „AEIOU“ ließ Direktor Otto Ander nun seinen Autor Rudolf Weys ein zweites Mal zum kabarettistischen Rückblick auf Österreich antreten: „1913 — Das Jahr vor Sarajewo“. Weys hatte sein Mosaik über die Monarchie vor dem Abgrund 1937 für die „Literatur am Naschmarkt“ geschrieben, damals wie heute schienen sich erschrek-kende Parallelen anzubieten — die Befürchtung vor 30 Jahren wurde also bestätigt... Für unsere nicht weniger zweifelhafte Gegenwart stellte Rudolf Weys eine Neufassung zusammen, bei der nur der damalige Mittelteil „Das Lied vom Soldaten Ferdinand“ unverändert blieb. Mit Kabarett haben diese etwas sentimentalen Szenen zwar wenig zu tun, sind aber in der Atmosphäre überzeugend und als solche ganz „nett“. Der erste Teil wurde neu geschrieben. Leider. Denn außer, daß er bedauerlicherweise dem starken, ausgezeichneten dritten die Pointen vorwegnimmt, leistet er nichts. Der Schluß entschädigt dafür reichlich. Dazu kommt die tadellose Inszenierung von Wolf JVeuber, das gute Bühnenbild von Erich Zechmeister und hervorragende Leistungen des gesamten Ensembles — allen voran Georg Corten, Edith Leyrer und Heinz Payer.

Ateliertheater: Die literarischen Abende wurden hier mit einem „musikalisch-lyrischen Kaleidoskop deor zwanziger Jahre“ fortgesetzt: „Rosetta behauptet, die Liebe sei lediglich Schweinerei.“ Magdalena Hauschulz, Robert Hauer-Riedl und Wolfgang Mönninghoff, der auch die Auswahl besorgte, unterstrichen diese Behauptung. Über die Auswahl läßt sich streiten, auch über diese zwanziger Jahre, aber wohltuend an dem Abend war seine Lebendigkeit. Wenn auch so manches danebenging: die Einrichtung ist begrüßenswert.

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