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Der „Econo-Mist” am Pranger

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Ich bekenne mich schuldig im Sinne der Verteidigung: Ein waschechter , und - trotzdem nicht pflegeleichter Um-weltsünder steht vor den Schranken des Hohen Gerichts und des herannahenden Zuges.

Im Gegensatz zu meinen Mitmenschen halte ich sehr viel von der Umweltschonung - wenn andere verzichten müssen. Ich bin nämlich davon überzeugt, daß niemand außer mir - wo ich mich übrigens am liebsten befinde - den Umweltschutz anderen zuschiebt.

Während ich diese Zeilen zwischen Wien-Westbahnhof und Linz-Hauptbahnhof schreibe, fällt mir die ziemlich sinnlose Frage ein: „Wo halten sich Chassidim in Niederösterreich am liebsten auf?” - „In Amschtetl”. Das allerdings hat nur mit meiner Vergangenheit - ich meine nicht die niederösterreichische - und nichts mit meinem heutigen Thema zu tun.

Also, zurück zum Umweltschutz der anderen:

■ Ich bewundere alle „Grünen”, die rauchend, mit dem eigenen Auto zu

den nächstliegenden Bürgerbeteili-gungs-Barrikaden fahren.

■ Alle Mitglieder der verschiedenen Bürgerschreck-Bewegungen genießen zwar die eigene Wirkung, doch nicht meine Sympathie.

■ Auch die „ ,Rechts'-Grünen” sollten nicht mehr mit meiner Zustimmung rechnen. Diese Wellenreiter einer bräunlichen Wasserkraft-durch-Freude-Partei müssen auf mich, so schwer es ihnen auch fällt, verzichten.

■ Gleichfalls warten „Grüne”, die ihre Gewissensnot mit der Notbremse ihres Gewissens verwechseln, vergebens auf meine Hilfe.

Jetzt ist es aber „höchste Eisenbahn”, - mittlerweile intoniere ich diesen „Grün”-Abgesang zwischen Linz und Wien (Amstetten habe ich bereits absolviert und außerdem fällt mir dazu nur das bereits Gesagte ein) um zu meinem ursprünglichen Titel zurückzukommen; ich besitze nämlich nebst akademischen, Berufs- und Amtstiteln auch einen furche-Titel: Ich bin Econo-Mist.

Wieso?

Als spätberufener Möchte-gern-Kapitalist halte ich herzlich wenig von der Mist- und Mülltrennung,

dafür umso mehr von der Economic Was wäre nämlich aus allen unseren lieben Wohlstandskindern geworden, wenn sie nicht mit aller Gewalt und voll Abscheu gegen all das protestieren könnten, was wir leichtsinniger- und sträflicherweise für sie geschaffen haben?

Ich stelle mich also selber an den Pranger: Ich bekenne mich zum Primat des Wohlstandes und werde als nichtautofahrender, nikotin- und alkoholabstinenter Kapitalismus-Liebhaber - ich habe einige andere Gesellschaftsformen zwar kennen-, doch keineswegs schätzengelernt -allen „grünen” Auto- und Alkoholfreunden zum Gespött.

Als1 Ewiggestriger von Niemorgigen in die Mangel genommen, erkläre ich diese als Ausdruck eines krankgewordenen „gesunden Volks-empfindes”.

Solange das Licht, das vielen immer noch nicht aufgeht, aus der Steckdose fließt, geht es uns gut. So lade ich alle Verteidiger unseres Wohlstandes herzlich ein, neben mir am Pranger Platz und weiterhin regen und fleißigen Anteil an der Wert„schöpfung”, an dieser Genesis unseres guten Lebens, zu nehmen.

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