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Die Ausstellungszeit beginnt
Der „Neue Hagenbund“ eröffnet mit seiner Herbstschau in der Secession die neue Wiener Ausstellungssaison. Kein schlechter Anfang, man muß es zugeben. Denn der Hagenbund ist zwar an Zahl und Kraft nicht zu den bedeutendsten, wohl aber zu den ehrgeizigsten unserer Kunstvereinigungen zu zählen; seine Ausstellungen — also auch diese — sind immer bunt und unausgeglichen; im Stil und in dan Leistungen. Warum auch nicht? Selbst eine gewisse wirre Grobheit nimmt man gerne in Kauf — auch sie ist noch besser als die geruhsame Sattheit, die das Schicksal so vieler Wiener Künstlerbünde ist, wenn sie ihre ersten Erfolge eingeheimst haben. Der Hagenbund hat sich das nicht sehr angenehme Los ausgesucht, von den Radikaien über die Achsel und von den Traditionalisten mit tiefer Abneigung angesehen zu werden; aber er trägt es mit Würde.
Wir haben gesagt, daß die Unausgeglichenheit ein Charakteristikum dieser Ausstellung ist. Nun, man sehe sich die Bilder beispielsweise Karl Bednariks an: da gibt es abstrakte Kompositionen — diesmal nicht in großen Kurven, sondern in spitzen Winkeln —, die als Workstudien ihren Sinn haben mögen, neben den weit weniger gewaltsameren, dafür aber überlegteren Abstraktionen Johanna S c h i d1o s und Roman H a11e r s indessen so laut wie leer wirken. Einige Schritte weiter sieht man hingegen einige halbwegs gegenständliche Bilder Bednariks, darunter das Bildnis einer ordiideenartigen Pflanze — und man meint, einem anderen, wirklich selbstsicheren und höchstbegabten Künstler gegenüberzustehen. Wir schätzen Bednarik sehr: aber wir verstehen die Mühe nicht, die er aufwendet, um sich in ungünstigem Licht erscheinen zu lassen, übrigens hat er sein genaues Spiegelbild in Fritz Riedel, der im Hauptsaal eine allzu lange Reihe von Ölbildern ausstellt, in denen vielerlei Reminiszenzen an Expressionismus, Symbolismus, Surrealismus und so weiter vergeblich den Eindruck der Dichte zu erwecken versuchen, während er im Nebenraum Abstraktionen hängen hat, die sich sehen lassen können: ihm wird die Gegenstandslosigkeit nicht schaden, sondern, hoffentlich, Mittel der Disziplinierung werden. Eine Überraschung, und wahrhaftig keine unangenehme: die Stilleben Rudolf Richlys, der nach längerer Ratlosigkeit offensichtlich festen Boden unter seinen Füßen spürt: nidits angenehmer für einen Referenten, als sich über die Arbeiten eines Kunstvereinspräsidenten ehrlich freuen zu dürfen... Franz Lubys ein wenig primitiver Surrealismus nähert sich auch farbig mehr und mehr dem Stil alter bäuerlicher Glasmalereien — es wäre das Schlimmste nicht, wenn er wirklich zu dieser Technik griffe; im übrigen beginnen seine Allegorien allmählich langweilig, seine intellektuell anspruchsloseren Täfelchen — „Susanna im Bade“ — immer liebenswerter zu werden. Walter Behrens ist überraschend aufgetaucht: seine surrealistische Medition „Zeit und Ewigkeit“ ist gut genug gemalt, um auf weitere neugierig zu machen. Ludwig K 1 e i n s Aquarelle dürfen nicht unerwähnt bleiben.
Die Graphik ist ein wenig spärlich vertreten: reizvolle, wenn auch zum Teil ein wenig lockere Zeichnungen Johanna Schildlos, nette kleine Radierungen Muz S t a n e k s, vier angenehme Monotypien Praschls — das ist schon so gut wie alles. Schade; man hätte gern ein wenig mehr davon gesehen.
Alles in allem: der Hagenbund darf zufrieden sein.
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