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Dieses Leben, dieses geliebte Hundeleben

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„Umberto D.“ steht in seiner ganzen Armut und Müdigkeit, aber auch in seiner ganzen schlichten Lebensfreude in der Reihe der eigentümlichen Helden Vittorio de Sicas (des Regisseurs, nicht des Darstellers): der Fahrraddiebe und Schuhputzer. Er ist freilich ein verschämter Armer, ein unbegabter Bettler, ein unroutinierter Kassenpatient, denn er hat 30 Jahre lang dem Staat gedient. Von seiner schmalen Rente lebt eine robuste Padrona und ein Straßenköter, da bleibt nicht viel für ihn. So rutscht er Stufe für Stufe ab und landet schließlich auf dem Geleise der Schnellzugsstrecke, wo ihn der Hund buchstäblich in letzter Sekunde vor dem Schlimmsten bewahrt und das Leben, das Hundeleben, lieben lehrt. So dürr sich das erzählt, so dicht und poetisch ist der Film. Turmhoch über der verliebten Schwarzmalerei des literarischen Naturalismus, entdeckt er im Grau des Daseins die Schönheit, die Wahrheit und die höchste Bewährung. Buch und Regie, Kamera und Musik und drei profilierte Darsteller — ein Rad greift ins andere. Das Ergebnis: ein denkwürdiger Film. Die eben e öffnete 2. Internationale Arbeiterfilmwoche des Brüsseler Internationalen Instituts für Arbeiterfilme und des OeGB hätte sich keinen markanteren Auftakt ausdenken können als die Zelebrierung dieses romanisch-filmischen Verismo.

Nicht nur Mozart, auch C. M. v. Weber war einmal „auf der Reise nach Prag“, behauptet eine Novelle Watzliks, und G. W. Pabst hat es ihm aufs Wort geglaubt und darnach einen zauberhaft photographierten, musikalisch geschmackvoll arrangierten deutschen Film gemacht: „Durch die Wälder, durch die Auen“. Die Kralle des Löwen ließ nicht zu,

daß die Berge eine Maus gebaren. Auch den österreichischen Film „Dort oben, wo die A1 p t n g 1 ü h n“ bewahrten ehrgeizige Buch- und Kameraanläufe vor einer Katastrophe.

Dreimal Amerika: „Hollywood-Story", beinahe ein „Sunset Boulevard", aber um eine kleine Terz zu schrill und pathetisch; „Jo hnny Cench o“ und „Todesfaus t“, zwei gar nicht üble Kapitel aus dem Wilden Westen. Die Ueberraschung: Frank Sinatras Charakterrolle im ersteren.

Dokumentarisch kommt uns „Beiderseits der Rollbahn, II.“; er redet gegen Krieg und Grauen, redet und redet, aber man glaubt ihm nicht alles. Einige Spitzentöne sind hörbar falsch.

Uneingeschränktes Lob dagegen für den vierten (nach „Die ganze Welt ist Bühne“, „Wanderkomödianten“ und „Auf Flügeln des Gesanges") einer österreichischen Kulturfilmreihe Ervin Albertis (Centropa - Film): „Die spanische Reitschule." Dem anmutigen Ballett der weißen Pferde leiht das schwelgerische Barock der Winterreitschule eine einmalige Folie. Roman Herle

F i 1 m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich), Nr. 22 vom 1. Juni 1957: III (Für Erwachsene und reifere Jugend)): „Leichte Frauen und Rauschgift". — IV (Für Erwachsene): „Durch die Wälder, durch die Auen“, „Entfesselte Jugend", „Familie Schimek", „In den Krallen der Gangster". „Nackter Amazonas", „Paris, Palace Hotel", „Vater wider Willen“. — IVa (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Manöverball". — IVb (Für Erwachsene mit efnstem Vorbehalt): „Heiraten verboten“, „Vier blieben auf der Strecke“.

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