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Festival der Kritiker

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Mit einem ganzen Bündel laut verkündeter lauterer Absichten und wohl auch einer Handvoll listiger Hintergedanken startete der Verband der österreichischen Filmjournalisten in Wien eine interessante Filmwoche des „Interessanten“ aus dem Jahre 1959. Das Publikum bekam das Improvisatorische des Festivals fast nicht zu spüren und ging mit wie in Cannes, Berlin und Venedig. Es übersah großzügig die beiden verwundbaren Stellen des Programms und stürmte ldas Künstlerhaus, als ob es nur „Spitzen“ zu sehen gäbe. Auch einer der Nebenzwecke wurde erreicht: der schwerfällige Verleihapparat setzte sich stöhnend und ächzend in Bewegung und pickte sich Rosinen fürs Normalprogramm aus dem Kuchen. Der gewagteste Stoff blieb durch einen merkwürdigen Zufall dem Programm fern und ersparte den Veranstaltern die Überlegung, ob sich nicht doch bei so hohen Ehrenprotektoren künftighin eine. strengere Auslese des „Interessanten“ nicht nur nach den artistischen Leistungen, sondern auch nach ihrer inneren Haltung und Sauberkeit empfehlen sollte. Sei's drum: .der Erfolg war eindeutig, wir scheinen zur religiösen und filmwissenschaftlichen „Biennale“ ein neues „Wiener Annuarium“ bekommen zu haben, dem sich als vierte im Bunde heuer erstmals eine Filmwoche in den Wiener Festwochen gesellen wird. Eine gewisse Abstimmung untereinander zum „Schutze“ des Publikums wird wohl nicht zu vermeiden sein.

Das Normalprogramm der Woche bewegte sich daneben auf mittlerer Höhe und erreichte nirgends einen Gipfel. Entgegen der Urwaldtrommel, die von einer Wandlung Brigitte Bardots zum „Charakterfach“ hin zu orakeln wußte, exerziert BB. in dem Kriminalfilm- „Wollen Sie mit mir tanzen'“ ihren attraktiven gallischen DienstmädchenSex auch in unnotwendigen „Enthüllungen“ von „Charakter“ ist da nicht viel zu spüren. „I c h schwöre und bekenne“ ist ein exakt konstruiertes Ärztedrama, ein Gefecht zwischen Stümper und Könner, das bei weniger Glätte des Buches auch stärker hätte packen können; an den guten Schauspielern (Wolfgang Lukschy und Hans Christian Blech) ist es nicht gelegen. Ohne besonderen Eindruck zu hinterlassen, rollt die französische Gangsterstory „In Montmartre Wirdes Nacht“ routinemäßig ab. Das Pfund in der Hand, verwucherte der amerikanische utopische Film „D i e Welt, das Fleisch und der Teufel“; er rutscht aus einer atemlosen Viertelstunde in eine gute Stunde Albernheit ab Mit einiger Verwunderung entdeckt man Rolf Thiele als Regisseur der nicht sehr glücklichen deutschen Kostümromanze „Der liebe August in“ — wäre das Wiener Original und nicht die bayrische Seitenlinie im Titel damit gemeint, würde es sich wohl noch in der berühmten Grube umdrehen.

F i 1 m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich), Nr. 7, vom 13. Februar 1960: III (Für Erwachsene und reifere Jugend, etwa ab 16 Jahren): „Diebe haben's schwer“*, „Die Kaninchenfalle“* — IV (Für Erwachsene): „Keinen Groschen für die Ewigkeit“, „Mit Büchse und Colt“, „Unternehmen Petticoat“ — IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Alle meine Träume“, „Die große Schuld“, „Das Haus auf dem Geisterhügel“, „Ich ließ mein Herz am Wörther See“, „Das Mädchen Kay“ — V (Abzuraten): „Der Weg nach oben“. — * = bemerkenswerte Filme.

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