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Frisches Theaterblut
Die Theaterstadt Wien verdankt dem Studententheater zur Zeit eine ihrer interessantesten Novitäten. Daran wurde man bei der Uraufführung zweier Einakter von H. C. Artmann durch „die arche“ — in der Mensa der Katholischen Hochschülerschaft in der Ebendorferstraße — gemahnt. — Der erste Teil des erfolgreichen Abends stand im Zeichen der „un-guaten Handerln“ vom Greißler, der eines Tages größenwahnsinnig wird und nichts mehr verkauft, nur damit niemand glaubt, er hätt's am End' nötig. Artmann mißachtet in diesem 1953 entstandenen, seinerzeit für das „Theater am Fleischmarkt“ verfaßten Stück „keinen pfeffer für czermak“ jegliche Regeln der Dramaturgie. Wir sind nur Zeuge, wie da der Reihe nach die Kundschaften und das arme Mündl sadistisch gequält werden, bis den Greißler „ein kleines Apoplexiederl“ streift, er seinerseits gequält und vom Wasserer geholt wird. Aber“ wie Artmann, bewußt an das Volkstheater anknüpfend, mit diesem banalen Geschehen makaber Surrealistisches, motivisch jedoch schon weit älteres Märchengut, vermengt und Iis ganze aus den sprudelnden Quelt tiiBi?r*ln*sH(- j echselbären Sprache speist, läßt einen -das fast vergessen.- — Daß des Autors Stärke entschieden nicht allein im Dialekt liegt, bewies der zweite Einakter, „die mißglückte luftreise“, ein Glanzstück sprachlicher und komödiantischer Equilibristik. Hier zielt, trifft und sitzt jedes Wortspiel, jede Aktion. Mit Vergnügen taucht man in das Abenteuer des Verses, wenn Caspar seine scheinbar ohnmächtige Pimpinella mit allen Mitteln zu erwecken sucht. — Dem ersten Stück gab „hr. neuwirth“. als Regisseur unheimliche Dichte, Intensität und Geschlossenheit. Für das zweite sorgte mit Lockerheit und Phantasie „hr. zauner“. Es gab erstaunliche Einzelleistungen. Einfallsreich und stimmungmachend waren die Bühnenbilder von „hm. linke“ und die gelungenen Kostüme von „dmlle. mayer“.
Eine Handvoll junger Leute tat sich zusammen und gründete mit viel Idealismus, viel Eifer und viel Glauben an die Sache eine neue Bühne, eine neue Keimzelle des Nachwuchses und der Bewährung: das Theater in der Jösefsgasse. Wir besuchten eines der Eröffnungsstücke, J. P. Sartres ,.H i n t e r verschlossenen Türen“, das existentiell gefärbte Schauspiel phrasenreicher Leichen, das nicht mehr sehr zugkräftige Paradestück aller literarisch ambitionierten kleinen Bühnen. Wir sahen Greta Müller die .Ines spielen und Eva Holzer die Estelle und Franz Kelle Riedl den Garem — und daneben Ernst Princz, den Gewandtesten, in der Episode des Kellneri, und wir wollen fürs erste mit unserem Urteil zuwarten. Vielleicht werden die jungen Leute sicherer und profilierter, vielleicht lernen sie mit der Zeit, ich auf der Bühne zu bewegen und so zu sprechen, wie man es selbst von' einer neuen '.Theater? gruppe verlangen . muß. Wir wünschen also viel Erfolg“ vor allem.beim Erlernen des Theaterhandwerks, und kommen gerne einmal wieder.
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