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Gut erhaltener Schwank

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Wohl deshalb, weil das alte in das neue Jahr überwechselt und der Fasching nicht ferne ist, schalten einige Theater auf Heiterkeit um. Im Volkstheater wurde den Abend lang gelacht wie schon lange nicht bei dem Schwank „Zwei glückliche Tage“ der Bühnenroutiniers Franz von Schönthan und Gustav Kadelburg, die bereits vor 75 Jahren bei Eröffnung des Hauses mit einem ihrer zahlreichen Amüsierstücke Anzengrubers damals uraufgeführtes Volksstück „Der Fleck auf der Ehr'“ überrundet hatten. Die Feststellung, daß die beiden „den besten Vertretern des leichten Genres“ zuzurechnen seien, mag zu hochgegriffen sein; jedenfalls aber verstanden sie ihr Bühnenhandwerk und schneiderten ihre Rollen nach den Schnittmusterbögen bewährter Schwankkunst, zurecht.

Der erste „glückliche Tag“ im Leben der Familie Weinholz ist der Einzug in die mit allem neuzeitlichen Komfort ausgestattete Villa am Berliner Stadtrand; der zweite jener, an dem sie, überdrüssig der Verwandten, „Freunde“ , Mücken und des Nachbarlärms, das geliebte Heim wieder loswerden. Wirklich lustig, wenn Pepi Freisinger. Sohn des „Römischen Kaisers“ aus Wien, unvermutet in der Berliner Familie auftaucht und seine charmanten „Schmähs“ anbringt. (Der junge Heinz Petters bewährt sich hier wieder als ein trefflicher Schauspieler.) Oskar Willner,. der bislang nur in Kellertheatern beachtlich* Regie geführt hat, kann mit seinem Regiedebüt am eigenen Stammhaus zufrieden sein. Er gab den chauspielern Auslauf am langen Seil und achtete dennoch darauf, daß die natürlichen Grenzen des immer noch recht rüstigen Schwanks weder in detailbesessenen Realismus noch ins Possenhafte überschritten wurden. Sonderapplaus erhielten das sich auf offener Szene verwandelnde Bühnenbild von Maxi Tschunko, Hans Olden als leicht tapsiger, herzensguter Onkel und Dorothea Nef) als die resche Erbtante. Neben ihnen agierten unter anderen Herbert Probst, Susi Peter und Ingrid Fröhlich als Familie Weinholz, Rudolf Strobl und Monika Orthofer als deren Verwandte und Oskar Wegrostek als unausstehlicher Besuch. Es gab lang anhaltenden Beifalll für so viel Heiterkeit.

Die fehlte leider dem Lustspiel „Der Unwiderstehliche“ von Augustin Moreto y Cabana (1618 bis 1669) in der Aufführung im Kleinen Theater der Josefstadt im Konzerthaus. Moreto, der am Ende der großen spanischen Dichtung der Cal-deron, Lope de Vega, Tirso de Molina steht, hat als Priester und Vorsteher eines Armenhospitals vierzig „Comödien“ verfaßt, die ihm zu seiner Zeit den Ruf eines „spanischen Plautus“ eingetragen haben. Auch diese Mantel- und Degenkomödie, um die von Intrigen und Verwicklungen umsponnene Doppelhochzeit zweier junger Damen aus Madrid, die über Geheiß ihres Vaters zwei Vettern aus Burgos heiraten sollen, fußt auf dem Gedanken des Weltgetriebes als einer Halb-wirklichkeit und theatralischen Farce, vor welcher der Mensch den Schein nicht von der Wahrheit unterscheiden vermag. Aber wie es sich für eine Komödie geziemt, lösen sich alle Mißverständnisse zu einem glücklichen Ende, und der hochmütige, eitle Geck, der sich für den „Unwiderstehlichen“ hält, wird schließlich als aufgeblasener Narr entlarvt.

Friedrich Kallina als Regisseur fand nicht den Stil, der bei voller Auswertung der theatralischen Effekte des Spieles auch den leisen Unterton der Tragik nicht hätte überhören dürfen. Zudem erlaubte die winzige Bühne im Konzerthauskeller viel zu wenig Bewegungsfreiheit, wobei außerdem die überdeutliche (wohl unwillkürlich für eine größere Bühne berechnete) Mimik und Artikulation der Darsteller durch die fehlende Distanz zum Zuschauerraum auf die Dauer recht störend wirkte. Peter Matii fesselte in einigen Szenen als „Unwiderstehlicher“ , und Marianne Chapuis erheiterte in ihrer kapriziösen Art als falsche Gräfin. Erich Nikowitz als der besorgte Vater der beiden Töchter (Christine Prober, Barbara Khol), Rainer Arten/eis als braver Neffe, Klaus Wildbolz als ehrenwerter Don Juan und Peter Gavaida als we“ diger Diener Moskito boten mehr oder weniger Ansprechendes. Bühnenbilder und Kostüme stammten von Inge Fiedler. Es gab nur lauen Beifall für einen nicht gerade kurzweiligen Abend.

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