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VON NEUEN BÜCHERN

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Christlicher Humanismus

„Human wird der homo nur in Gott“, lesen wir an einer Stelle in dem Buche „Griechische Mythen in christlicher Deutung“ des Innsbrucker Theologen Hugo Rähner1, das in der souveränen Zeichnung der Begegnung von Hellas und Kirche die geschichtlichen und übergeschichtlichen Voraussetzungen eines neuen christlichen Humanismus aufzeigen möchte, eines Humanismus, der durch die Besinnung auf Christus, den gekreuzigten Logos, das Abendland aus dem Barbarentum herausführen könnte, in das es geraten ist. Das Bewußtsein des h e u t i-

1 Hugo Rah n er. GriechischeMythen in christlicher Deutung. Gesarnmelte Aufsätze. 497 Seiten. Rhein-Verlag, Zürich 1945

gen Barbarentums, aber auch der Glaube an die Regenerationsfähigkeit des Abendlandes ist das Kennzeichnende an den Untersuchungen Rahners, welche die “Wandlung des Mythos in das Mysterium aufzeigen, Hellas in Christus sehen lehren sollen. Das ganze Gefüge der in dem Buche zusammengefaßten Zeitschriften-und Jahrbuchaufsätze soll nach dem Willen des Verfassers eine Art von antik-christlicher Psychagogie sein, und in drei großen Abschnitten — „Mysterien“,/ „Seelenheilung“, „Heiliger Homer“ — wird die Welt der antiken Mysterien gedeutet in ihrer vorwegnehmenden tiefen Symbolik. „Was der

fromme Genfus 3er Hellenen no3J geahnt hat, in von der Kirche, ehe es ganz abstarb, im das Licht der von ihr gehüteten Offenbarung heimgeholt Worden.“ Denn ohne Mysterium müßte alle Religion zur dürren Ratio erstarren. Die Kirche allein indessen „hat das Mysterium bewahrt. Mit ihrem sacramentum hat sie Sonne und Mond, Wasser und Brot und öl und die Liebe des Fleisches konsekriert, und sie wird niemals aufhören dürfen, die Menschen zu lehren, daß sich hinter den Schleiern des Sichtbaren die ewigen Geheimnisse bergen, und daß man nur vom Wort Gottes her, das in der Kirche fortlebt, den Sinn der irdischen Dinge erkennen kann. Seitdem das Abendland sich von der Hüterin des Mysteriums abgewandt hat, ist es an der Unfruchtbarkeit seiner bloßen-Ratio gestorben. Am Leben bleiben werden nur die Völker, die sich aus dem Mutterschoß der Mysterien wiedergebären lassen“. Welch anderes Mysterium kann es aber für uns Abendländer, die wir von den Gefahren der Barbarei umlauert sind, geben als das Mysterium von Christi Kreuzestod und seiner Auferstehung, jenes Mysterium, das rück-und vorwirkend das gesamte Weltgeschehen umgreift? .

Ein intimer Kenner des alten Hellas und der' Probleme der Spätantike spricht in Hugo Rahner zu uns. Und gerade seine Kenntnis der Antike läßt ihn die Einsicht gewinnen, daß die Kirche allein auch in unseren Tagen noch jugendlich lebende Antike ist und niemals antiquarisch sein wird, da sie allein im Lichte des Logos „das Maß der Höhen und der Tiefen“ menschlicher Seelen kenne. Befähigt wird die Kirche Ml dieser Aufnahme der Antike durch den Charakter der christlich.en Offenbarung, die nicht mythisch — die Botschaft vom gekreuzigten Christus ist völlig unmythisch — sondern Geschichte im eigentlichsten Sinne des Wortes ist.

Hugo Rahner verdankt, wie er selbst anführt, die erste Anregung zu seinem Buche Kugo von Hofmannsthal, der, wie uns Carl J. Burckhardt berichtetl, in unvergeßlich schlichten Worten auf den zeitenüberwölbenden Charakter der katholischen Kirche hingewiesen hat: „Es ist dieser weite Horizont der katholischen Kirche das einzige großartige Altertum, das lins im Abendland geblieben ist — alles andere ist ja nicht groß genug, es bleibt uns fast nichts. Ich sehe den Moment, ja„ er ist eigentlich schon da, wo uns dieser ganze Humanismus des deutschen achtzehnten und beginnenden neunzehnten Jahrhunderts als eine paradiesische Episode erscheinen wird, aber durchaus Episode.“ Kann es für die Söhne unseres Österreich eine schönere und gewaltigere Aufgabe geben, als nach dem Einbrüche des Barbarentums in unsere abendländische Kultur, angesichts der Dämonien, die das Humanemaus-zulöschen drohen, das Banner eines christlichen Humanismus zu entrollen, der allein die Barbarei in uns zu überwinden vermag?

Dr. E.

Heinrich Laube: „Reise durch das Biedermeier.“ 480 Seiten und 32 Bildtafeln. Wilhelm-Andermann-Verlag. Wien 1946. S 10.50.

So viel an dem vielgestaltigen und umfangreichen Lebenswerk Heinrich Laubes veraltet sein mag, es birgt ungewöhnliche Schätze. Laube darf zu den Persönlichkeiten unserer Literatur gezählt werden, die jeder Generation etwas zu sagen haben. Nicht zuletzt ist es der scharfsinnige und weitsichtige Beobachter der gesellschaftlichen Grundlagen und Strömungen, der uns auch heute noch zu fesseln vermag, der Mann des kulturhistorischen Sinnes. Und zu seinen Werken von bleibendem Werte gehören wohl seine Reisenovellen, die Laube in der Zeit von 1833 bis 1837, in den Blütejahren des Vormärzes, verfaßte und deren lebendige Zusammenfassung und Bearbeitung für unsere_ Tage das vorliegende Buch ist, das der Wiener Andermann-Verlag in einer würdigen, geschmackvollen Ausgabe herausgebracht hat.

Zu Neujahr 1833 entwickelte Laube in der Leipziger „Eleganten Zeitung“ seinen Reiseplan: „Täglich zu reisen, um das Sprudeln und Brausen der neuen Ideen zu verzeichnen.“ Und tatsächlich weiß uns Laube oft mit einem erstaunlichen historischen Tastvermögen, auf Prozesse hinzulenken, die sich in den stillen Jahren des Vormärzes wohl nur dem Sehenden ankündigten. Darüber hinaus aber zeigt Laube gerade in seinen Reisenovellen, in seinen Städtebildern aus dem Österreich und Deutschland des Biedermeier einen physiognomischen Sinn, eine Begabung, neben den sich ankündigenden Wandlangen die bleibenden Faktoren des nationalen, stattlichen und geistigen Daseins aufzuzeigen,

cfsß man ihn ohne Übertreibung neben Riehl

und Fallmerayer zu den großen kulturhistorischen Schriftstellern der deutschen Literatur zählen darf.

Von besonderer Bedeutung sind Laubes Wiener Bilder, seine Erinnerungen an Metternich und Grillparzer etwa, die neben anderen Betrachtungen 'and Schilderungen die vorliegende Auswahl enthält. Wie weitblickend und großzügig istdoch die Charakteristik, die Laube von dem altösterreichischen Staatsmann entwirft, welche Einsicht in die Voraussetzungen der Existenz des österreichischen Kaisertums. Es ist, als ob der junge Laube gedanklich vorwegnimmt, was Jahrzehnte später der reife Laube als Schriftsteller und Theaterleiter im Wien Kaiser Franz Josephs vollbringen wird. v

Das Biedermeier war in mancher Hinsicht die letzte Epoche einer in sich abgeschlossenen und geformten Kultur. Es war vielfach eine stille Zeit, aber keineswegs eine kleine Zeit. Ein Abglanz ihrer stillen Schönheit erfüllt die Bilder, die Laube von seiner Reise durch das Biedermeier gegeben hat. Dr. F. P.

Albert Mitringer: „H ochzeit auf dem Land e“. Ein Idyll für besinnliche Leute. 48 Seiten und 7 Bildtafeln. Verlag Georg Fromme und Co., Wien 1946, 7.50 S.

Eine Dichtung, die wie wenige der letzten Zeit österreichische Atmosphäre und Lebensfreude atmet und von einer Besinnlichkeit getragen ist, die an die inneren Maße der Stifterzeit erinnert. Der Verfasser, ein Sohn Steyrs, stellt in den Mittelpunkt seines Werkes die Schilderung einer ländlichen Hochzeit, die in

inrer. Farbigkeit an die Holländer, m ihrer

Musikalität an österreichische Volksmusik gemahnt, am. köstlichsten aber ist wohl da

eigentliche Märchen vom Ball, dessen stilles Leuchten vom größten Glück kündet, dessen Menschen teilhaftig werden können, vom Glück der Elternschaft. Man möchte wünschen, daß in Albert Mitringer ein österreichischer Künstler sich ankündet, der dem unterworfen ist, was Stifter das sanfte Gesetz genannt hat. —a —

Vonunferemßüchereinlauf

The Idea of Nature von R. G. Colling-

wood, Verlag Oxford at the Clarendon .Press 1945, 183 Seiten. The Journal of Mary HerveyRussell

von Storm Jameson, Verlag Macmillan & Co.

Ltd. 1945, 228 Seiten. Der Sohn des Stromes. Ein Donauroman

von Adalbert Muhr, Karl-H.-Bischof-Verlag

Wien. 402 Seiten.

Das Herz und das -Kommende von August Zechmeister, Amandus-Edition, Wien, 198 Seiten.

Sechs Bücher von der Liebe, von der Ehe, vdn der Famijievon Wilhelm Schmidt, Verlag Josef Stocker, Luzern. 282 Seiten.

Bühhenmalerei von Emil Pirchan, Wilhelm-

Frick-Verlag, Wien 174 Seiten. Das Orakel von Elfi von Robert Maria

Domer, Amandus Edition, 115 Seiten.

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