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Es nützt nichts. Ich hab's mir sogar schon zu Silvester vorgenommen, und dann ist aus dem Vorsatz wieder nichts geworden. Dabei wäre es so einfach. Einfach aufpassen.

Verlange ich da zu viel von mir?

Ich bin in Gesellschaft. Ich gehe auf der Straße. Egal, jemand, den ich kenne, kommt auf mich zu. Aber er tut es nicht allein. Jemand anderer ist bei ihm, den ich nicht kenne.

Und jetzt spielt sich das einfachste Zeremoniell ab, für das man nicht zum Elmayer gegangen sein muß, um es zu beherrschen. Der Bekannte teilt dem anderen Bekannten mit, wie der dritte, Unbekannte, heißt. Man sagt dazu, er stellt ihn vor. Oder derjenige tut's selber. Er stellt sich vor.

Nun gut, ich will von jenen Fällen absehen, bei denen der Neue seinen Namen unverständlich in den eigenen Kragen nuschelt. Man hat da keine Chance. Ja, man könnte sagen: Sie, was haben Sie da gesagt? Maier? Müller? Hawlitschek? Ich hab's nicht verstanden. Aber klarerweise tut man's nicht, man nuschelt daher den eigenen Namen ebenfalls, und die Sache hat sich. Wenn aber der noch Unbekannte seinen Namen laut und deutlich ausspricht, wenn er also alle Voraussetzungen erfüllt, die mich in die Lage versetzen sollen, Mahulik oder Oberhuber ins Ohr zu kriegen, so nützt mir das immer noch nichts.

Ich passe einfach nicht auf. Ich gebe dem Unbekannten freundlich die Hand, nehme wahr, daß er sich bekanntmacht, aber genau in diesem Augenblick setzt irgendein Ganglion aus, daß mich in die Lage versetzen würde, den Namen zu behalten.

Es ist peinlich. Man sieht sich nämlich möglicherweise nach kurzer Zeit wieder, in Gesellschaft kann das nach Minuten sein. Ich kann doch dann denjenigen, der in der Regel genau weiß, wie ich heiße, nicht fragen: Sagen Sie, wer sind Sie denn?

Ich muß diese blödsinnige Eigenschaft schon als Untermittelschüler gehabt haben. Da wurde uns in der Ersten Klasse Gymnasium beigebracht, wie man eine Ellipse konstruiert. Irgendwie interessierte mich das nicht, ich gab einfach nicht acht. Der Erfolg dieser Unaufmerksamkeit gab mir sodann sechs Jahre lang recht, ich brauchte nie wieder eine Ellipse zu konstruieren.

Bis wir in der Siebenten Darstellende Geometrie hatten. Da sind diverse Schnitte gang und gäbe, man braucht nur einen Kegel oder ein ähnliches Trumm schräg zu schneiden, schon kommt eine Ellipse zustande. Das Zeichnen einer Ellipse ist somit das kleine Einmaleins dieses Gegenstands. Also mußte ich an dem Fach Darstellende Geometrie scheitern, ich hatte es mir selber programmiert.

Dies alles so deutlich niederschreiben zu können, bezeugt doch, daß mir die Problematik völlig klar ist. Dazu kommt, daß ich weiß, wie gerne sich Menschen beim Namen genannt hören. Jaja, ich nehme mich da nicht aus. Sobald mein Bankkassier mich mit Namen anredet, verzeihe ich ihm sogar das Debet auf meinem Konto.

Aber angenommen, Sie würden mich jetzt, in diesem Moment, treffen, und Sie würden mir sagen, daß Sie Papuschek heißen, ich würde es schon während des Hörens vergessen.

Deshalb bin ich so allergisch auf Leute, denen ich mich vorstelle, und die, etwa wie die Schalterangestellte in der Krankenkasse, nach einer Minute fragen: Wie war Ihr Name? Was allein schon falsch ist, denn die Erkundigung dürfte schlimmstenfalls heißen: Wie ist Ihr Name? Ich bin dann immer sehr ungehalten über so viel Unhöflichkeit. Ein Mensch muß doch die primitivsten Anstandsregeln beherrschen.

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