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Bachs große Passion
Eine ungekürzte Aufführung der „Passionsmusik nach Matthäus" von j. S. Bach hörten wir unter Leitung von Karl Richter. Es spielten die Wiener Symphoniker, es sangen der Wiener Singverein und die Wiener Sängerknaben. Die Solisten waren Hermann Prey (Christus), Peter Schreier (Evangelist und Tenorarien), Teresa Stich-Randall (Sopran), Julia Hamari (Alt) und Ernst G. Schramm (Baß). An der Orgel wirkte Josef Nebois, am Positiv Kurt Rapf. Das Team der Instrumentalsolisten sei ohne Namensnennung mit einem „Hervorragend“ bedacht. Karl Richter leitete die Aufführung vom Cembalo aus, das er selbst spielte. Das vierstündige Riesenwerk mit all seinen Einsätzen und Gliederungen auswendig zu dirigieren, bleibt immer eine staunenswerte Kunst. Aber Richters Kunst geht viel tiefer. Es gibt jedem Ausdruck seine Nuance, weiß die Architektonik lückenlos aufzubauen und alle Steigerungen am richtigen Ort und in der richtigen Dosis einzusetzen. Besondere Betonung war diesmal auf die Gefühlsmomente gelegt, was gewisse Stellen breiter als gewohnt wirken ließ. Peter Schreier als Evangelist verstand seiner Stimme, die den schwierigen Part gut beherrschte, den objektiven Ton ebenso zu geben wie den lyrischen in den Arien. Julia Hamari (Alt) sang sich im zweiten Teil ganz frei und ließ ihre schöne Stimme voll strömen. Teresa Stich-Randalls heller Sopran und Emst Schramms dunkler Baß kontrapunktierten eindrucksvoll und ausdrucksvoll. Leuchtend hoben sich die Stimmen der Sängerknaben aus dem Doppelchor. Dessen Leistung war wie gewohnt überragend in ihrer Exaktheit und Klarheit, in gleicher Weise die des Doppelorchesters. Der große Musikvereinssaal war bis auf den letzten Platz gefüllt und der stumme Beifall war überzeugender als der laute.
Das Wiener Barockensemble, der Wiener Kammerchor und ein Solistenquartett (Rothraud Hansmann, Gertrude Jahn, Klaus Gerboth, Herbert Lackner) vereinigten sich unter Leitung von Theodor Guschlbauer zu einer Aufführung von Joseph Haydns an dieser Stelle wiederholt besprochener Kantate „Die sieben Worte des Erlösers am Kreuze“, die ausgewogen und stilistisch gut vorbereitet war, wogegen die vorangehende Kantate „Vergnügte Ruh" von J. S. Bach Spuren von Überforderung zeigte.
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