6741953-1966_44_19.jpg
Digital In Arbeit

Bruckner, Brahms und Mädchenchor

Werbung
Werbung
Werbung

Im ersten Konzert des Bruckner- Zyklus, den die Gesellschaft der Musikfreunde veranstaltet, waren fast gleichzeitig entstandene Werke der beiden einstigen Antipoden Brahms und Bruckner „zusammengespannt“. Aber während das zweite Klavierkonzert von Brahms, kaum daß die Partitur vollendet und das Orchestermaterial hergestellt war, sofort in Budapest (am 9. November 1881) unter der Leitung von Erkei durch den Komponisten am Flügel uraufgeführt wurde und innerhalb weniger Wochen Stuttgart, Meiningen, Zürich, Basel, Wien und Leipzig folgten, mußte der arme Bruckner wieder einmal warten: nur die beiden Mittelsätze seiner Sechsten erklangen am 11. Februar 1883 im Großen Musikvereinssaal, und erst 16 Jahre später führte Mahler am selben Ort das ganze Werk, wenn auch mit Kürzungen und vielen Retouchen, zum erstenmal auf. Dabei könnte der kritische Hörer eher bei dem gewaltigen Brahms-Konzert auf die Idee kommen, daß hier eine Kürzung dem Werk nützen würde. Sie beträfe den von Brahms nachträglich eingeschobenen zweiten Satz, der mit seinem dramatischen Pathos dem ersten allzu ähnlich ist. Ein „Geniestreich“, gewiß, ist dieser Teil, ebenso wie der erste. Aber die beiden Sätze stehen sich sozusagen wechselseitig im Licht. Solist war

Jörg Demus, der vielleicht nicht der geborene Brahms-Spieler ist, aber seine flexible Technik und sein Ausdruck haben an Reife und Männlichkeit hörbar zugenommen. (Der Bösendorferflügel klang um eine Nuance heller als wir es gewohnt sind.) Was die Leistung der Tonkünstler und die des Dirigenten Heinz Wallberg betrifft, so möchten wir sie als „ambitioniert“ bezeichnen. Bei Bruckner schien uns die Gesamtstimmung des Orchesters nicht ganz rein, und statt voll und wuchtig war das ff zuweilen von spröder Härte. Doch gab es daneben viele bestens gelungene Details, sowohl in Bruckners Sechster wie auch bei Brahms, etwa den geradezu „feschen“ Zweivierteltaktteil im letzten Satz (mit den parallelen Sexten und den Triolen-Terzen), wobei sich die Klarinetten mit besonders schönem, geradezu sinnlichem Klang auszeichneten.

Von den Klavierkompositionen Johannes Brahms’, die Julius Kat- chen an vier Abenden spielte, hörten wir den dritten: die Variationen über ein eigenes Thema, op. 21, Nr. 1 und über ein ungarisches Volkslied, op. 21, Nr. 2, Sieben Phantasien, op. 116, zwei Rhapsodien, op. 79, und abschließend die Sonate C-Dur, op. 1. Katchen, der in Brahmsscher Musik ebenso schwelgt wie die Zuhörer in

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung