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Die beiden Oistrach

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Während der ersten Festspielwoche regierten im Konzertsaal David und Igor Oistrach. — Vater Oistrach wurde 1909 in Odessa geboren und ist am dortigen Konservatorium ausgebildet worden. Seit 1930 Träger zahlreicher nationaler und internationaler Auszeichnungen ist er während der letzten zehn bis fünfzehn Jahren weltberühmt geworden. Einer seiner Schüler am Moskauer Konservatorium, wo er als Lehrer tätig ist, war sein Sohn Igor, Jahrgang 1931, bereits seit 1948 konzertierend und ab 1953 auch in der westlichen Welt bekannt. In dem von Wolfgang Sawallisch geleiteten Symphonikerkonzert am Eröffnungstag des Musikfestes der Gesellschaft der Musikfreunde traten sie als Solisten in Bachs Konzert für zwei Violinen d-Moll gemeinsam auf. Begleitet von den Symphonikern, spielte David Oistrach das Violinkonzert a-Moll von Bach, Igor unter der Leitung des Vaters das von Mendelssohn, an den Abenden darnach spielte Vater ‘Oistrach mit der Berliner Staatskapelle die Konzerte von Beethoven und Tschaikowskij und Igor das von Brahms. Und schließlich gab Oistrach junior mit der Pianistin Natalja Zertsalowa noch einen Sonatenabend, auf dessen Programm vier Werke Beethovens standen.

Durch den Vater und den Sohn Oistrach konkurrieren nicht zwei Generationen miteinander, sondern sie stehen gewissermaßen nebeneinander auf dem Podium, auch wenn sie nicht gemeinsam auftreten. Beide sind Geiger erster Klasse, und beide haben einen ungewöhnlich schönen Ton. Obwohl David Oistrach nie ein Nur-Virtuose war (was schon seine Vergangenheit als ausgezeichneter Kammermusiker widerlegt), so tritt dieses Moment für unser Gefühl jetzt stärker hervor, ebenso das Impulsive, zuweilen Heftig-Expressive seines Musizierens. Igor Oistrach erscheint trotz makelloser Technik als der weniger Brillante. Die Reife des musikalischen Denkens, die auch eine Gabe der Jahre ist, kompensiert er durch größere Unmittelbarkeit des Gefühls, dem noch etwas von der Poesie der Jugend anhaftet. Die Werkwahl beider zeigt, daß man gewohnt ist, an den höchsten Maßstäben gemessen zu werden. Der Erfolg beim Publikum war triumphal.

Zum erstenmal trat David Oistrac) . in Wien auch ans Dirigentenpull

Webers Oberon-Ouvertüre um

Schuberts II. Symphonie gelange) ihm so romantisch und zugleich si

1 klar, wie man sie sich nur wünsche) kann. Auch als „Begleiter“ seine ; Sohnes in Mendelssohns Violinkonzer 1 dirigierte David Oistrach keinesweg, und niemals beiläufig, sondern mi jener Autorität, die sich auch be einem fremden Ensemble (Wiene Symphoniker) sofort durchsetzt. Dal er ein feiner und gebildeter Musike: ist und eine entsprechende Musil hören lassen werde, wußten wir.

An drei Abenden konzertierte in Großen Musikvereinssaal die Berliner Staatskapelle, über deren Tradition wir in der letzten Folge dei „Furche“ (Festwochenbeilage) ausführlich berichtet haben. Die Gäste aus Ost-Berlin hätten sich’s leichte) machen können, aber sie spielter Beethoven, Schubert, Brahms unc Richard Strauss, für deren Interpretation man in Wien ein besonder) empfindliches Ohr hat Mar konnte zunächst feststellen, daß ar allen Pulten ausgezeichnete Musike) sitzen. Was sie als Ensemble produzieren, weicht von unseren Vorstellungen zuweilen ein wenig ab, is1 aber stets bemerkenswert und ha! Format. Von ihrem ständigen Leiter Otmar Suitner, einem hochgewachsenen Herrn von etwa 40 Jahren und von athletischem Typus (dei übrigens heuer in Bayreuth zweimal den „Ring“ dirigieren wird), gehl Kraft und Energie aus. Daß er weiß, was er will, zeigt sich am auffallendsten in „La Valse“ von Ravel, die er, mit Ausnahme von nur wenigen Stellen, in einem unerbittlichen Dreivierteltakt durchdirigierte, ohne Rubato und die üblichen „Schleppflüsse“, aber höchst eindrucksvoll in der Schlußsteigerung von fast brutaler Wirkung. Seine ganze Brillanz und sein beträchtliches Klangvolumen entfaltete das Orchester in „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss, mit dem es eine ebenso monumentale wie legitime Wirkung erzielte. Für den langanhaltenden und stürmischen Applaus dankten die Gäste mit einer Huldigung an Mozart und Wien, der Ouvertüre zu „Figaros Hochzeit“.

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