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Hohe Messe und T otentanzmotette

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Etwas zu unruhigen Charakter, zuviel dramatischen Impetus atmete die Wiedergabe von Bachs „Hoher Messe”, die vom Münchener Bach- Chor und -Orchester unter Karl Richter im Musikverein aufgeführt wurde. So sehr die einzelnen Abschnitte durch starke Kontraste, effektvoll gesetzte Nuancen überzeugten, im Gesamteindruck mangelte es doch stellenweise ein wenig an weihevoller Stille und Ausgeglichenheit. Speziell die Instrumentalsolisten unterstrichen durch stark kammermusikalische Akzente des Musizierens die allgemeine Tendenz zur Auflösung des Klangbildes. Die Partien des Solistenquartetts sangen Ursula Buckel (Sopran), Hertha Töpper (Alt), Werner Krenn (Tenor) und Karl Christian Kohn (Baß). Uns gefiel besonders Werner Krenns geschmeidige, für Bachs Lyrik vorzüglich geeignete Stimme.

K. H. R.

Inspiriert von den Fresken an einer Kapelle der Marienkirche zu Lübeck, welche der so jung verstorbene Kantor und Organist täglich vor Augen hatte, und gestützt auf die zum Teil erhaltenen Vorlagen aus dem Jahre 1463 in niederdeutschen Reimen, hat Hugo Distier schließlich im „Cherubinischen Wandersmann” von Angelus Silesius die Texte gefunden, die seinem geistigen Konzept der ewigen Begegnung des Menschen mit der Majestät des Todes entsprachen. Ein die Stilarten der evangelischen Kirchenmusik völlig beherrschendes, von stärkstem Ausdruck durchpulstes und dabei sehr persönliches Werk für gemischten Chor liegt hier vor und wurde von Professor Wilhelm Wolter, dem hervorragenden Chorleiter und verläßlichen Regisseur und seinem aus dem Kammerchor Krems und dem Chor des Musisch-pädagogischen Realgymnasiums der Englischen Fräulein von Krems gebildeten Ensemble überzeugend und ergreifend realisiert. Im Gegensatz zu den bildlichen Darstellungen des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit, in welchen der Tod immer als bewegte Figur, anfangs als pfeifender Anführer eines Reigentanzes, später im Kampf mit einem seiner Opfer, das er überfällt und bewältigt, dargestellt wird, läßt Wolter den Tod als hochaufge- richtete, in schwarzer Kutte und Kapuze verhüllte Gestalt vor den Stufen des Hochaltares stehen, auf welchem sich der in weiße Skapuliere gewandete Chor aufbaut. Seinem mächtigen Anruf folgen die zwölf ausgewählten, die verschiedenen Berufe und Lebensalter verkörpernden Männer, eine Frau und eine Kind, welche, jeder einzeln, in langsamen Schritten durch das Kirchenschiff wandeln — unwiderstehlich angezogen von dem einzig sicheren Ziel, das dem menschlichen Leben gesetzt ist.

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