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„Hungarica“ und Solisten

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Im Großen Musikvereinssaal gab es eine Wiederbegegnung mit der Philharmonia Hungarica, die sich nach dem Ungarnaufstand in Wien aus den Mitgliedern dreier Budapester Spitzenorchester konstituiert hat, dann auf Auslandstourneen ging und seit 1960 in der westdeutschen Industriestadt Marl als Städtisches Orchester eine neue Heimat gefunden hat. Ihr ständiger Leiter ist Miltiädes Caridis, der gleichfalls von Wien aus, als Schüler von Professor Swarowsky, seine Karriere begann. Man kann dem Orchester kein besseres Kompliment machen, als durch die Feststellung, daß es noch mit gleicher Intensität und Frische musiziert wie damals, vor sechs Jahren. Beide Werke, die den ersten Teil des Programms bildeten, haben wir schon in der Interpretation der Philharmonia Hungarica gehört: Zöltan Kodälys gelungenstes und reifstes Orchesterwerk, die unmittelbar vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges zum 50jährigen Jubiläum des Concertgebouw-Orchesters geschriebenen Variationen über ein ungarisches Volkslied („Der Pfau ist aufgeflogen“), ein un- gemein reizvolles pentatonisches Thema, das Kodäly zu einer Reihe poetischer Musikstücke angeregt hat, und Bėla Bar- töks 3. Klavierkonzert, im Todesjahr des Komponisten beendet, ein Werk nicht nur der Abgeklärtheit und der Reife, sondern, wie uns bei wiederholtem Hören scheinen will, auch des Verzichts Der chinesische Pianist Fou Ts-ong spielte den Solopart mit unwahrscheinlicher Einfühlung in Bartoks Spätstil und mit größter Akkuratesse im Detail. Den zweiten Teil des Programms bildete Beethovens 7. Symphonie. Langanhaltender und herzlicher Beifall für unsere Philharmonia Hungarica und ihren unprätentiösen Leiter.

H. A. F.

Renato Capecchi sang im Mozart-Saal italienische Volkslieder. Von Piemont bis Sizilien und Sardinien hörte man die meist landschaftlich bestimmten Weisen, deren Texte der Sänger als sein eigener Conferencier mit kurzen Worten in charmant „schlechtes Deutsch“ übersetzte. Manche dieser Lieder scheinen Buffo- Arien zu entstammen (oder umgekehrt), wie denn die lebhafte und treffende Gestik des Interpreten immer wieder an das Theater erinnerte. Die Stimme ist groß und gepflegt, zuweilen fast zu groß für die kleinen Gebilde, hat aber im ernsten Genre ebenso echte Gefühlstöne wie Spritzigkeit im Humorigen. Die sehr hübsche, weil nur stützende Klavierbegleitung besorgte Antonio Beltrami. Eine erhebliche Anzahl der Lieder hätte man sich allerdings mit Gitarre-Akkom- pagement gewünscht, die der Sänger gelegentlich sogar mimte. Das Publikum wurde sowohl durch die Gesänge als durch ihre Interpretation zu immer lebhafterer Anteilnahme mitgerissen.

Drei Suiten für Violoncello allein vor Johann Sebastian Bach spielte Janos Starker im Brahms-Saal. (Nr. 5 c-Moll, Nr. 2 d-Moll und Nr. 3 C-Dur.) Dieses anspruchsvolle Programm erwies sich durch die Kunst des Spielers keinen Augenblick als ermüdend, im Gegenteil: man wurde immer tiefer von der polyphonen Kunst auf einem Streichinstrument gefesselt, dessen Spieler die enormen Schwierigkeiten mit einer Sicherheit meisterte, die durch Technik allein nicht zu erreichen ist, vielmehr darüber hinaus von Geist und Herz bestimmt wird. Das empfanden auch die Zuhörer und dankten dem bescheidenen großen Künstler mit herzlichem Beifall.

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