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In der Heimat der Troubadours

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Wenn das aus dem „Festival Mozart“ entstandene südfranzösische Mosikfest In Aix-en-Provence auch mehr auf Internationalität und Weltweite zielt, wenn es auch in seinen %o ausgewogenen, ausgefeilten Operndarbietungen ein glänzendes Bild bietet dafür, was die Zusammenarbeit internationaler Künstler vermag (im „Don Giovanni“ wirkten ein Spanier, zwei Italiener, ein Bulgare, eine Belgierin, eine Amerikanerin, eine Oesterreicherin mit, das Orchester, der Regisseur und die Bühnenmaler waren Franzosen, der Dirigent Oesterreicher), so zeigt es doch durch den Rahmen, durch Art und Führung, durch ein „gewisses Etwas“ seinen unbestritten französischen Charakter.

Dieses Jahr hat das Festival neben G r e t r y s „La Belle et la Bete“ ein zweites rein französisches Werk des 18. Jahrhunderts wieder ans Licht gehoben, wie man aus einem Schatzkästlein ein verstaubtes Juwel holt, es glänzeodreibt und zur Schau stellt; K. a m e a u s „Piatee“, ein überraschend, lustiges, von feiner Komik übersprudelndes Werk mit Karnevalscharakter, das leise an den Shakespeareschen „Sommernachtstraura“ anklingt. — Sicher, das Textbuch, das — vor allem, im Ballett — uns fernliegende, der griechischen Sagen- und Götterwelt angehörende Themen ä la Offenbach behandelt, war für ein höfisches Publikum geschrieben, doch Rameau, den wir bisher nur als den Komponisten großartiger, aber kühler Musik gekannt, hat eine lebendige Musik zu „Piatee“ geschrieben, alles ist aufgelockert, gebadet in eine flutende Heiterkeit, die auch den zetrissenen Menschen von heute in die Welt des Lachens wirbelt. Den Löwenanteil an dieser unwiderstehlichen Wirkung hatte — neben dem dirigierenden Hans Rosbaad — der Träger der Hauptrolle Michel Se.nech.al, der die-Platee sang. Die unwahrscheinliche Figur der Froschnymphe, die, von ihrer Schönheit überzeugt, das Gespött ihrer Umwelt ist, und die von dem erst als Esel, dann als Uhu und dann erst als Jupiter erscheinenden Götterfürsten erwählt wird, um der eifersüchtigen Juno eine Lehre zu erteilen, dieser groteske Stoff nahm reizende Gestalt an, inmitten eines verwirrenden Balletts.

Außer „Platee“ und Gretrys Oper, außer „Don Giovanni“ war die Wiederaufnahme des „Barbiers von Sevilla“ in der Inszenierung C. M. Giulinis-M. Sarrazin? eines der Ereignisse dieses Festivals. Rossini wurde in Aix mit soviel1 Grazie und Komik, mit solch stürmischem Brio gespielt, daß man ftr einmal Rossini gern verzieh, daß er nur das Leichte, Tändelnde von Mozart gelernt hat. Herrliche Sänger-Komödianten waren sie alle: Rolando Panerai (Figaro), Marcelld Cortis (Bartolo), Juan Oncfna (Almaviva), Raffaele Arie (Basilio).

Italienische Musik des 17. und 18. Jahrhunderts, besonders V i v a 1 d i, wurde von dem cheflosen Ensemble ,J Musici“ in zwei Konzerten gespielt. Unter Ernest B o u r spielte das Orchester des Süd-westfunks, Baden-Baden, Mozart im Cloitre St. Louis, mit Grillenhegfeitung. Am schönsten das Klavierrondo mit der mozartbeseelten, entzückenden Moni-que Berard, der man eine große Zukunft prophezeien kann, und unter Hans Rosbaud im Theätre de lArcheveche eines der schönsten Konzerte des Festivals mit Sepp Fackler als Klarinettist.

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