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Oper, Symphonie und Orgelmesse

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In der „Entführung aus dem Serail“ (Redoutensaal) sang Herold Kraus als Gast den Pedrillo. Seine Stimme ist schlank, Erscheinung und Spiel fügen sich dem Ensemble unauffällig ein. Seiner Partnerin, Blondchen, die von Reri Grist äußerst lebendig und temperamentvoll dargestellt wurde, kam er allerdings weder im Gesang noch im Gespräch

Karl Böhm dirigiert auf. Denn sie hatte die Zunge am rechten Fleck und machte auch als Erscheinung (dunkler Typ mit hellblonden Haaren) von sich reden. Fritz Wunderlich als Bel-monte „stand“ seinen schönen leuchtenden Tenor (das heißt, er bewegte sich steif), und Mimi Coertse dürfte sich als Konstanze nicht glücklich gefühlt haben. Ihr liegt die Rolle stimmlich nicht. Der arme Bassa Selim, der überhaupt nicht singt, muß dafür regungslos die längsten Arien anhören. Hans Christian bestand die Geduldprobe für einen- Bassa nicht schlecht. Die eigentliche Rolle dieser Oper aber ist Osmin, und Kurt Böhme war denn auch in ihr der Mittelpunkt des Stückes. Er sang und spielte, als hätte Mozart das für ihn geschrieben. Das Orchester (Dirigent Wilhelm Loibner) war für die problematischen Hörverhältnisse des Redoutensaals häufig zu laut. Trotzdem, alles in allem: ein Abend, von dem man vergnügt nach Hause ging.

Eine Aufführung der 4. Symphonie von Beethoven, wie man sie in gleicher Vollkommenheit und Leuchtkraft nur alle „heiligen Zeiten“ zu hören bekommt, war die Wiedergabe im Nicolai-Konzert der Wiener Philharmoniker unter Doktor Karl Böhm. Elementare Kraft, lyrisch Versonnenheit, Triumph und Drängen, alles war zu absoluter Ausgewogenheit gebändigt und ins rechte Licht einer über den Dingen stehenden Heiterkeit gesammelt, die diese hellste Symphonie Beethovens überglänzt und durch die Vermittlerkraft des Dirigenten zum persönlichen Erlebnis wurde. Der nachfolgenden 7. Symphonie fehlte leider dieses persönliche Erlebnis, und so blieb sie trotz aller Präzision der Ausführung und ihrer allgemeinen Beliebtheit im Schatten des älteren Werkes.

Im Großen Musikvereinssaal wurde durch das Ensemble Wolfgang von Karajan Bachs „Orgelmesse“ aufgeführt. Diesen Titel hat unsere Wissens erst Max Reger erfunden. Das vom Singverein und von Hedy von Karajan,

Wolfgang von Karajan und Wolfgang Wünsch (unter Mitwirkung von. Heinrich Huber, Posaune) aufgeführte Werk basiert auf 21 Choralvorspielen J. S. Bachs und dem Präludium und der Fuge in Es, die zusammen der „Ciavierübung dritten Theil“ bilden. Jedem der Vorspiele ist — im a-capella-Satz — der betreffende Choral vorangestellt, was das Hören und Verstehen der Präludien wesentlich erleichtert. Diese werden von drei Orgelpositiva ausgeführt, hinter denen sich — wie hinter einem Paravent — der Leiter verbirgt. Über die großartige, vergeistigt-fromme Musik Bachs braucht an dieser Stelle wohl nichts gesagt zu werden. Ihr entsprach durchaus der Stil des Musizierens, das, auf jeden gröberen Effekt verzichtend, ganz dem Geistigen und Geistlichen zugewandt war.

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