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Raritaten aus Berlin

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Das Duodraina „M e d e a“, das im Hebbeltheater von Wolf Völker neuinszeniert wurde, ist ein markantes Beispiel dafür, daß auch gelungene Ausgrabungen unter bestimmten Voraussetzungen nicht „ankommen“. Der Junge Mozart schätzte die „Medea“ von G o 11 e r und dem Hofkapellmeister Georg Be n d a sehr; auch heute noch übt dieses Melodrama, das gesprochenes Wort und nicht mehr barock stilisierte Musik verschmilzt, beachtliche Wirkung. Anna Dammann traf genau das eher wortarme und gestenreiche Pathos, und der Dirigent Hans von B e n d a, ein Nachkomme des Komponisten, gestaltete mit Hilfe des Berliner Kammerorchesters liebevoll die dahinstürmenden Kadenzen, die zarten Lyrismen und die Klage und Seufzermotive nach. Nach der maßvoll erregten Kantate „A r i a d n e auf N a x o s“ von Joseph H a y d n wirkte „Medea“ wie ein elementarer Gefühlsausbruch ...

Große Verzauberung ging von Hans Werner H e n z e s Musik zur Pantomime „Des Kaisers Nachtigall“ und von seiner zwölfsätzigen „Kammermusik 1 9 5 8“ aus. Zu dem letzten Werk hat Friedrich Hölderlins Hymne „In lieblicher Bläue“ den Komponisten angeregt, der nach der romantischen „Undine“-Partitur neue Ausdrucksmöglichkeiten für eine sensible und farbige Tonsprache sucht. — Zwischen den beiden vom Komponisten dirigierten Werken interpretierte Klaus Billing Henzes neue Klaviersonate, die mehr zum Tonalen tendiert.

Zwei Zugeständnisse an die zeitgenössische Musik machte Karajan in seinen Konzerten mit dem Berliner Philharmonischen Orchester. Das sieben-sätzige „Capriccio“ für Sopran, Solovioline und Orchester zeigte Rolf Liebermann von der bereits bekannten Seite des Komponisten der „Schule der Frauen“: gefällig plaudernd, das unverbindliche „Tralala“ des Soprans geschickt gegen schweres Blech, Streicherbässe und Pauken stellend, bald mit ausdrucksvoller Celesta, bald mit monoton-motorisch eingesetzten Flügeln, bald mit Anklängen an Ravel und Blacher operierend . ..

Während Liebermanns Divertimento beifällig aufgenommen wurde, stieß Olivier Messiaen mit seinem „Erwachen der Vögel“ auf entschiedene Ablehnung. Dieses für Klavier und großes Orchester geschriebene 20-Minuten-Werk stellt nach des Komponisten eigenen Worten das Ergebnis einer zehnjährigen, intensiven Beschäftigung mit ornitho-logischen Studien dar. Die artistische Umsetzung von 38 verschiedenen Vogelstimmen fordert die Frage nach dem Sinn solcher Imitation heraus. Bedauernswert erscheint dabei die Pianistin Yvonne L o r i o d, die den schwierigen Solopart ungemein differenziert (und noch dazu auswendig) spielte, dafür jedoch keinen Dank erntete. Dagegen wurden Irmgard Seefried und Wolfgang Schneiderhan nach Liebermanns „Capriccio“ lebhaft akklamiert, obwohl sie sich kaum angestrengt hatten... Die beiden Spielereien wurden „vom Bubjikum yfelle.icht zulernst,-genommen.

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