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Akademische Nieten
Auf 100 Studenten, die mit ihrem Studium zum Ziel kommen, fallen 78, die vorher aufgeben. Die Experten der OECD, die Österreichs Hochschulwesen prüften, richteten gerade hierauf ihre Kritik. Minister Hertha Firnberg anerkannte diese Kritik im Grundsatz, nicht aber in allen Begründungen.
Sicherlich liegt ein wesentlicher Teil dieser „akademischen Nieten“ im Fehlen eines numerus clausus begründet: Nicht vor dem Eingang zur Universität erfolgt die Auslese, sondern während der ersten beiden Semester, in denen sich erfahrungsgemäß bereits herausstellt, ob der Hörer zum Ende kommen wird oder nicht. Wenn wir also keinen numerus clausus wollen — hierin gehen wohl weitgehend alle konform —, müssen wir diese Ausfälle in Kauf nehmen.
Aber vielleicht müßten gar nicht so viele, die später als ungeeignet ausfallen, den Versuch an der Universität wagen? Der Ausbau der berufsbildenden Schulen soll der Flut an die Universitäten entgegenwirken. Vor allem aber müssen die Gymnasien selbst wenigstens einen Teil der Auslesefunktionen, die sie früher erfüllt haben, wieder übernehmen.
Jenen — wieviele sind es? —, die nur „dank“ Freifahrt, Freistudium und ähnlichen Errungenschaften die Studentenbestätigung anstreben, bleibt wohl das Frustrationserlebnis erspart. Sie /al-lemMlWtnnd^StaUstik Budget). Hier kann wohl nur eine schärfere Bindung der 'sozialen' Hilfen an einen verbesserten Leistungsnachweis Abhilfe schaffen.
Daß immer ein gewisser Teil der Versager auf psychologische, familiäre, sonstige innere und äußere Faktoren zurückgeführt werden wird, ist unvermeidlich. Die psychologische wie die reine Studienberatung wird noch mehr als bisher „Fälle“ auffangen müssen, die nicht zwangsweise zum „Fall“ werden brauchten.
Zweifellos verursacht auch das starre Studiensystem manchen Abbruch. Wenn Minister Firnberg mehr Beweglichkeit für die Studienpläne verspricht, ist dies sehr zu begrüßen — nur sei daran erinnert, daß diese Starrheit im System die Bedingung dafür war, daß die SPÖ 1966 dem Allgemeinen Hochschulstudiengesetz zustimmte. Und wenn nun die Studienkommissionen mehr Freiheit erhalten sollen — gerade in ihnen hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, daß jede neue Studentengeneration wieder völlig andere Vorstellungen in die Kommissionen einbringt als die vorausgegangene.
Mehr Beweglichkeit sollte auch ein Baukastensystem bringen, wie schon jetzt die Möglichkeit für ein Studium irreguläre, für Studienversuche besteht, meinte die Ressortchefin, zweifellos wäre hier viel zu machen. Nur — wenn auf der ganzen Front wegen der allgemeinen Budgetmisere, vielleicht auch infolge einer gewissen politischen Ermüdung gegenüber den Forderungen eines expandierenden Bildungswesens, gerade bei Assistenten und Lehrbeauftragten eingespart wird, dann werden wohl alle Wünsche auf zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten akademisch bleiben. Und die Zahl der „akademischen Nieten“ wird sich aus dieser Sicht wohl kaum vermindern lassen.
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