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Aus dem Konzertsaal

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Er zählt zu den bekanntesten und erfolgreichsten internationalen

Reisestars und hat sich in letzter Zeit vor allem auch als Interpret des Klavieroeuvres der Meister der Wiener Schule einen Namen gemacht: Maurizio Poltint, politisch engagierter Künstler aus dem Mailänder Prominentenkreis um Abbado, Strehler, Paolo Grassi... In Wien wiederholte er nun im Konzerthaus sein Programm, mit dem er zum Beispiel beim Musikfest in Venedig zu hören war. Schönbergs Klavierstücke, Opus 11, 19 und 23 und Anton von Weberns Variationen für Klavier (Opus 27). Pollini ist ein Meister klarlinigen, durchsichtigen Formengestaltens. Mit äußerster Exaktheit und einem geradezu sachlich strengen, aber fein regulierten Anschlag modellierte er Phrase um Phrase und entwickelte daraus musikalische Zusammenhänge. Vor allem bei den Klavierwerken der Wiener Schule, diesen Paradebeispielen für konstruktiv streng durchdachte Konzeptionen, staunt man immer wieder, wie Pollini auf kleinstem Raum Emotionen andeutet, in den oft epigrammatisch kurzen Formulierungen eine ganze Welt ausbreitet und so demonstriert, was Schönberg Webern gegenüber einmal so lobte: die Kunst der Sparsamkeit, des Aussparens, oder: „einen Rcman durch eine einzige Geste, ein Glück durch ein einziges Aufatmen auszudrücken.“ Keine Frage: Die drei „Tristan“-nahen Schönberg-Stücke, Opus 11, kunstvolles Spiel um Motivzersetzung und Abwendung von der Tonalität, die 1911 entstandenen „sechs Stücke“ (Opus 19), Aphorismen aus einer künstlerisch ertragreichen Krisensituation Schönbergs und seine 1920 bis 1923 komponierten „Fünf Stücke“ (Opus 23), bereits Beispiele einer Stilverfestigung, hört man von kaum einem Pianisten so überlegen kalkuliert und zugleich persönlich gedeutet. Schumanns Opus 13, die „Symphonischen Etüden“, gerieten nach der Pause bravourös, artistisch, aber durchaus nicht exaltiert. Bemerkenswert auch hier die überlegene Eleganz des Vortrags, die strenge stilistische Einheitlichkeit. Im ganzen: Ein ungewöhnlicher Abend.

Ernst Kovacic, einer unserer hoffnungsvollsten Nachwuchsgeiger, hat schon oft Proben nicht nur staunenswerten instrumentalen Könnens, sondern auch hervorragender Musikalität bei der Interpretation von Werken zeitgenössischer Komponisten wie Horväth oder Hauer abgelegt: Nun hat er sich mit der Wiedergabe von Bachs g-Moll und C-Dur-Sonate sowie der achtteiligen Partita in h-Moll einer stilistisch und technisch weit bedeutungsvolleren Aufgabe unterzogen und sie — auch vom Standpunkt der Gedächtnisleistung glänzend gelöst. Es sei nur auf die Akkordzerlegungen mit nachtwandlerischer Sicherheit und immer gewahrter Durchsichtigkeit und Klarheit der Polyphonie in der C-Dur-Sonate hingewiesen. Oft glaubte man, ein ganzes Orchester in der Hand eines Hexenmeisters zu hören. Begeisterte Aufnahme des grandiosen Geigers durch das Publikum des Mozartsaales. P. L.

Der um die Männerchorpflege sehr verdiente, nun bereits 110 Jahre bestehende Wiener Schubert-Bund führte in seiner letzten Veranstaltung im großen Konzerthaussaal Chöre Felix Mendelssohn-Bartoldys auf zur Erinnerung an den 125. Todestag des Komponisten. In einer Bearbeitung des rührigen Chormeisters Heinrich Gattermeyer „in der Manier des 19. Jahrhunderts“, wie das Programmheft vermerkt, erklangen der „Bacchus-Chor“ aus der Sophokleischen „Antigone“ und einige flüssige, vokale Schöpfungen Mendelssohns, die in ihrer überaus melodiösen Fassung auf den auch auf dem Gebiet des Liedes erfolgreichen, in dieser Sparte heute fast vergessenen Meister hinwiesen. Der zweite Teil des Abends war Gegenwartskomponisten, darunter Burkhart, Etti, Tittel und Gattermeyer, gewidmet. Der tüchtig geschulte, in bester Verfassung singende Verein entledigte sich seiner teilweise schwierigen Aufgaben mit gutem Gelingen und wurde ebenso wie die mitwirkende Pianistin Renate Kramer-Preisenhammer mit viel Beifall bedacht. P. L.

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