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Bon voyage

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Wenn Sie auf Reisen gehen, dann schauen Sie sich alles an, jede Kirche', jedes Denkmal, jede Hausfassade und jeden Innenhof. Wer weiß, ob Sie noch einmal hierher kommen.

Sollte Sie so ein dera.rtiges Besichtigungsprogramm ermüden, überwinden Sie Ihre Müdigkeit mit Aufputschmitteln. Schlafen können Sie daheim auch. Bei der.Nahrungsau????nahme hal-

ten Sie sich kurz und bündig. Würstelbuden und Stehbuffets sind dafür bestens geeignet, ????ie helfen Zeit sparen, die Sie für Besichtigungen notwendig brauchen. überhaupt, fotografieren Sie alles. Daheim haben Sie dann erst richtig Ruhe zum stillen Betrachten

Sollte es bei Ihrer Besichtigungsreise so rfchtig heiß sein, dann vermeiden Sie jegliche Abkühlung im Schatten. Die Bräune, die Sie in der Mittagshitze irgendwo in einem 'Stadtzentrurribei.m Besichtigen von Hausfassaden tapfer schinden, soll besonders beständig sein.

Überbrücken Sie Hungerphasen mit der Inhalation von starken Zigaretten. Das kommt Ihrer Linie zugute und hält Ihnen bei Führungen lästige Menschen vom Leib. Bei der Besteigung von Türmen legen Sie ein ordentliches Laufschrittempo vor- nur so können Sie Ihr sportliches Image festigen.

Fahren Sie mit einem Autobus, so unterhalten Sie möglichst lautstark Ihre Mitreisenden mit mqglichst anztjglichen Witzen. So können Sie nie in den Ruf kommen, prüde zu sein. Und für ein Mauerblümchen hält man Sie dann auch nicht.

Versäumen Sie nie, Ihren Mitreisenden Ihre gesamte Lebensgeschichte zu erzählen. Wenn Sie fünfmal geschieden sind, erspart ihnen das Studium einschlägiger Illustrierten.

Vergessen Sie dabei nicht auf die ausladende Schilderung pikanter Einzelheiten. Sie sind es, die erst den Unterhaltungswert solcher Monologe ausmachen.

Abends vergessen Sie nicht auf die obligate Sauftour durch alle Weinkeller der Stadt. Nur so können Sie ihre Trinkfestigk????t und Ihr Standvermögen unter Beweis stellen

Beenden Sie so eine Tour nie vor sechs Uhr früh. Wer früher·ins Bett geht, ist ein Schwächling und soll lieber daheim bleiben. Wahre Steher kommen überhaupt ganz ohne Schlaf aus. Sie· wissen, wozu schwarzer Kaffee erfunden wurde.

Sollten Sie am Ende so einer Reise eine gewisse Müdigkeit und Schlaffheit verspüren, dann haben Sie entweder zu wenig Kognak vertHgt, oder Sie sind nicht mehr im Training

Ist letzteres der Fall, dann schließen Sie am besten gleich eine Überseereise an. Dabei können Sie 'Ihr Trainingsdefizit · ausgleichen, besonders wenn Sie dem Reiz der Mandelaugen nicht abhold sind und Ihrem bisherigen Nachtprogramm eine neue Variante hinzufügen.

Bon voyage und vergessen Sie nie, man lebt nur einmal.

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