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Chancengleichheit für die Privatschulen

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Ständig steigende Schülerzahlen waren mit ein Grund für die Finanzierungsprobleme, vor denen unsere Schule nun steht“ — so lautete eines der Argumente, mit denen wir den finanziellen Hilferuf einer katholischen Schule mit großer Tradition beim Gang in die Öffentlichkeit begründen mußten.

Auf den ersten Blick ist das ein Paradoxon, müßten doch steigende Schülerzahlen auch ansteigende Einnahmen bedeuten. Die Lage der katholischen Schulen ist jedoch von zwei gegenläufigen Tatsachen gekennzeichnet: auf der einen Seite die ungebrochene Nachfrage, auf der andern zuneh- mende Finanzierungsschwierigkeiten bei notwendigen Baumaßnahmen.

Die katholischen Schulen stützen ihre materielle Basis auf drei Säulen: das Schulgeld der Eltern, die Ausfallsfinanzierung des Schulerhalters und die Übernahme der Lehrerkosten durch den Staat.

In Schwierigkeiten ist nun die Ausfallsfinanzierung durch den Schulerhalter gekommen. Es treffen sich die Auswirkungen aus den Nachwuchsproblemen der Orden mit überdurchschnittlich steigenden schulischen Kosten, auch aus durchaus begrüßenswerten schulpolitischen Maßnahmen, wie die Herabsetzung der Klassenschülerhöchstzahlen oder die Einführung des Informatikunterrichts. Ein Absinken des Ordensnachwuchses bedeutet, daß mehr Fremdpersonal finanziert werden muß und daß andererseits die Bezüge der Ordens-lehrer, die zum Teil die Schulerhaltung gestützt haben, geringer werden oder wegfallen.

Wir Eltern sind selbstverständlich bereit, das, was in unserer Kraft steht, über die Schulgelder beizutragen. Akzeptieren doch die österreichischen Eltern zunehmend, daß eine gute Schulausbildung eine immer wichtiger werdende „Mitgift oder Aussteuer“ für ihre Kinder ist.

Am Rande vermerkt: Was da oder dort verbesserungsfähig wäre - wäre das ideelle Engagement der Eltern. Die Garderobengesinnung, die Deponierung der Erziehungsverantwortung in der Schule, findet sich leider auch bei unseren Eltern vereinzelt noch immer.

Es bestehen jedoch Grenzen für die finanzielle Belastbarkeit der Eltern. Es besteht die zunehmende Gefahr, daß unsere Schulen, „Schulen der Reichen“ werden, was uns ohnedies gerne unterstellt wird.

Wenn man die katholischen Schulen als unverzichtbare Alternative zum öffentlichen Schulwesen versteht, ergibt sich die logische Konsequenz von selbst: die Aktivierung aller eigenen Kräfte — wir werden verstärkt zu Selbsthilfeeinrichtungen, Unterstüt-zungs- und Fördervereinen greifen müssen —, dann Forderungen an die Kirche in Einlösung der Grundsatzerklärungen des II. Va-tikanum: „Es wird ein hochherziger Einsatz der Kräfte der Kirche im gesamten Bereich der Erziehung verlangt“.

Wir sind aber auch — und das ist wohl unser derzeitiges Hauptanliegen — zu Forderungen an den Staat legitimiert. Unsere Legitimation leiten wir Eltern aus der doppelten finanziellen Belastung als Steuerzahler und als Zahler von Schulgeldern, aber auch aus mannigfaltigen rechtlichen Grundlagen, hin bis zur Menschenrechtskonvention ab.

Der Staat muß sich verpflichtet fühlen, die finanzielle Infrastruktur auch unserer Schulen oder Chancengleichheit für unsere Schulen zu schaffen.

Die katholischen Schulen ersparen dem Staat pro Jahr etwa 725 Millionen Schilling an Nichtlehrerkosten, nicht gerechnet die zur Verfügung gestellte Bausubstanz. Die katholischen Schulen haben aus dem Selbstbewußtsein des erfolgreichen Arbeitens um kein Almosen anzusuchen, sondern lediglich um Refundierung eines Teües jener Lasten, die jahrzehntelang Schulerhalter und Eltern getragen haben.

Die Frage, was das Besondere am Schulangebot der katholischen Schulen ist, wieso sie sich vom öffentlichen Schulwesen unterscheiden, darf nicht verstummen. Wir haben Antworten gefunden, wir müssen aber dafür sorgen, daß diese Antworten fortgeschrieben werden. Es gilt hier, zwischen der Scylla einer Profilneurose nach dem Motto „Unterscheidung um jeden Preis“ und der Charybdis, die katholischen Schulen seien letztlich die gleichen Schulen wie die öffentlichen, durchzusegeln. Wie „katholisch“ ist eine Schule noch, arder kein Ordeaslehrer mehr unterrichtet? Es geht also auch um das Selbstverständnis unserer Orden als Schulerhalter.

Beim Kongreß in Salzburg werden über 400 Delegierte aus dem Bereich Schulerhalter, Direktoren, Lehrer, Erzieher, Eltern und Schüler, einen breiten Bogen handfester, aber auch ideeller Probleme, von der Finanzproblematik bis zur Schulpolitik, von der religiösen Erziehung bis zur Identitätsfindung aufarbeiten. Wir wollen in einer vernünftigen Mischung zwischen Konservativismus im positiven Sinne und Progressivität im Sinne von Evolution auch Utopien erarbeiten („Ich träume von einer Schule“).

Dr. Herbert Emberger ist Präsident des Hauptverbandes Katholischer Eltemvereine Österreichs.

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