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Die Sendung zum Dienst

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In Freiheit entscheiden und verantworten ist eine Kunst, die den Menschen auszeichnen soll, die aber nicht allen gelingt. Der Brief des Hl. Vaters Johannes Pauls II. nimmt sie bei den Priestern als gegeben an. Er selbst spricht dazu herzhaft unvermittelt aus, was er denkt. Man kennt sich aus.

Der Papst möchte die Mitbrüder im Verständnis ihres Priestertüms stärken. Das ist gut so, um nicht vor lauter Problemen den Kern priesterlicher Berufung und des Daseins für andere aus dem Auge zu verlieren.

In den Mittelpunkt seiner Erwägungen stellt der Papst die Sendung der Priester zum Dienst, wie ihn Jesus zeit seines Lebens verstanden hat. Maßgeblich hiefür sind die geistigen Bedürfnisse der Menschen. Allerdings binden sich diese vielfach an die gängigen Zeitströmungen. So muß es uns nicht wundern, daß ihr inneres Antlitz heute weithin verzerrt und mangels eines gültigen Menschenbildes konturlos geworden ist. Viele stehen dem eigenen inneren Bereich fremd gegenüber, was ja auch den Priestern den Zugang zu ihnen erschwert. Es fehlt der vorbereitete Boden, auf dem das Wort des Boten fruchtbar werden könnte.

Daher möchte der Papst die Kraft des persönlichen priesterlichen Zeugnisses ansprechen; im restlosen Dienst für andere wirkt es am ehesten glaubwürdig und könnte auch Entfremdete nachdenklich machen. Ein tiefer Glaube der Priester, ihr eifriges Gebet, ihr Dasein und ihre Nähe für die Bedrängten kann die Straße werden, auf der Christus den heutigen Menschen begegnet. i Mit der priesterlichen Lebensführung sieht der Papst jene Zei-chenhaftigkeit verbunden, die auf echte Güter verzichten kann, wiewohl sie ansonst allgemein und zu Recht in Anspruch genommen werden. So hält er es für richtig, in unseren Tagen die hohe Bedeutung des Zölibates in der lateinischen Kirche hervorzukehren als Zeichen der Freiheit, die sich zum Dienst für die vielen bereit macht. Er kennt die Einwände dagegen, wie sie in den letzten Jahrzehnten oft genug zur Diskussion standen. Man liest deutlich zwischen den Zeilen, daß bloß rationale Gesichtspunkte keineswegs eine absolut hinreichende Begründung dafür bieten.

Er spricht dies mit dem Respekt vor den andersgearteten Gepflogenheiten auch der katholischen Ostkirchen aus. Ihm ist klar, was den älteren Priestern zur Zeit ihrer Weihe selbstverständlich war, daß letztlich nur die Einheit mit Christus und das Vertrauen auf dessen zuverlässiges Mitgehen die freie Entscheidung für das priesterliche Dienstamt mitsamt dem Zölibat möglich machen und in Verantwortung durchhalten lassen.

Ob hinsichtlich des Zölibates in der lateinischen Kirche schon das letzte Wort gesprochen ist, will ich dahingestellt sein lassen. Das Schreiben des Papstes an die Priester hat jedenfalls für die nächste Zeit Klarheit geschaffen. Dieses Zeichen in Freiheit soll in Zukunft bestehen können und inmitten einer säkularisierten Denkweise in seiner Einmaligkeit und Unersätzlichkeit befestigt werden. Sicher wird weiterhin ernsthaft zu überdenken sein, welche Vorkehrungen im Hinblick auf den akuten Priestermangel zu treffen sind.

Bei anstehenden Entscheidungen soll Christus, der souverän Liebende, mitsprechen, dessen Kraft mehr vermag als die Menschen. Aber auch Liebende unter den Menschen wird es geben, die mit ihrem ganzen Herzen für dn Anruf Christi offen sind in der Bereitschaft, ihr Dasein jhm einfach anzubieten, um mit ihm sich ganz dem Heilsdienst zu widmen.

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