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Drei Sterne für drei Sterne

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Mit drei Sternen des italienischen Musiklebens begannen die Wiener Festwochen im Musikverein: Mau-rizio Pollini, der eigenwilligste der jungen internationalen Pianistengarde, führte mit Claudio Abbado und den Wiener Philharmonikern Brahms' B-DurKlavierkonzert auf, Abbado steuerte Brahms' „Vierte“ in schnittiger Eleganz, gut ausgewogenen Proportionen bei; und Carlo Maria Giulini hielt seine Symphoniker (und auch das Publikum) mit einer Wiedergabe von Bruckners „Neunter“ eine Stunde lang in Hochspannung.

Drei Sterne verdienten übrigens die Interpreten der Aufführungen auch. Vor allem Pollinis Brahms-Wiedergabe, die intellektuelle Faszination ausübt. Die draufgängerisch vorgetragenen Akkordblöcke, die donnernde Vollgriffigkeit und das quirlende Rankenwerk dieses Konzerts klingt in seiner Wiedergabe total entschlackt. Und Abbado sorgt auch im Orchester dafür, daß die Wiedergabe ungemein schlank klingt, daß Eruptives klaren Zuschnitt bekommt, daß das Feinsinnige nicht zu kurz kommt. Ihr Erfolgsgeheimnis ist wohl, daß Pollini wie Abbado Spannungen nicht aus äußerlichen dynamischen Werten, aus scharfen Kontrasten aufbauen, sondern aus dem musikalischen Material selbst, aus Bewegungsintensität, Valeurs, behutsam modellierten Bögen, denen dennoch nie die Brillanz Brahms' fehlt.

Mit Spannung vollgetankt, ganz so, als wollte er seine Musiker stimmungsmäßig ständig auf dem Siedepunkt halten: So führte Giulini mit seinen in Hochkonzentration spielenden Symphonikern Bruckner auf. Momente des Gewaltigen, der kolossalen Blechausbrüche, prallen da mitunter etwas unvermittelt auf weit ins Intime zurückgenommene Lyrik. Und gerade im Zarten, Diskreten, etwa in der herrlichen „Nachtmusik“ des resignierenden Adagioschlusses, fehlte das Singen, das Ausschwingen dieser Klänge und Bewegungen. Schuld daran ist vor allem der Zwang eines gebändigten Zuschnitts, mit dem Giulini seine Art eines modernen Pathos vorexerziert. Und gerade das macht wohl auch seine Wiedergabe von Mozarts Es-Dur-Symphonie (KV 543) so schwerfällig, nahm ihr soviel von ihrer Eleganz.

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