Corona: Es lohnt sich zu beten

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Was erhofft man sich von Gott, wenn ein nahestehender Mensch an Covid-19 erkrankt ist? Über das Beten als Theologe und Gläubiger.

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Was erhofft man sich von Gott, wenn ein nahestehender Mensch an Covid-19 erkrankt ist? Über das Beten als Theologe und Gläubiger.

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Ein guter Freund von mir erkrankte vor etwa zehn Tagen an Corona und liegt seit einer Woche auf der Intensiv­station. Er ist 71 Jahre alt und lebt in Marokko. Wir haben die Gewohnheit, uns jeden Tag gegenseitig in der Früh via Whatsapp zu schreiben. In den letzten Tagen war er dazu verständlicherweise nicht immer in der Lage. Und nun bekomme ich die Nachricht, dass sein gesundheitlicher Zustand sehr kritisch sei. Dadurch nehme ich auch die Corona-Pandemie ganz anders wahr. Denn ich habe mich noch nie so stark betroffen von ihr gefühlt wie in den letzten Tagen. Allein der Gedanke an den möglichen Verlust einer Person, die mir sehr nahesteht, ist nicht leicht zu ertragen. Gleichzeitig sind das gerade die Momente, in denen der Glaube eine große Stütze ist. Ich erwische mich immer wieder, wie ich am Schreibtisch meine Arbeit unterbreche und spontan beginne, mit Gott zu reden. Einerseits betet man zu Gott und hofft auf eine baldige Genesung aller Kranken und Leidenden, andererseits ist mir bewusst, dass Gott nicht zaubert.

Aber dennoch hofft man bis zum letzten Moment auf so etwas wie ein Wunder. Ich gebe zu, der Theologe in mir, der auf einer intellektuellen Ebene meint, Gott greift doch nicht unmittelbar in die Welt ein, um Dinge zu bewirken, hilft mir gerade in solchen Situationen wenig.

Viel mehr hilft mir der Gläubige in mir, der einfach auf Gottes Hilfe hofft und vertraut, egal wie rational oder irrational diese Hoffnung ist. Das sind die Momente, in denen ich mir sage, nicht alles muss nachvollziehbar sein, auch nicht das Wirken Gottes in der Welt. Und gerade deshalb lohnt es sich, einfach mit viel Vertrauen zu beten und sogar auf ein Wunder zu hoffen. Möge Gott uns alle beschützen und auf Händen seiner ewigen Liebe tragen und jedes Leid und jede Erkrankung von uns fernhalten. Möge er der Seelen derer, die schon verstorben sind, gnädig sein.

Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster.

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