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Hausbau mit dem Dach begonnen

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Der Titel klingt vielversprechend: zweites Antikorrup-tionsgesetz.

Doch das Paragraphenwerk, das am 23. März im parlamentarischen Justizausschuß endredigiert wurde und das nun rasch vom Nationalrat beschlossen werden soll, hält nicht ganz, was die Uberschrift verheißt.

Schon die Numerierung ist irreführend: Das erste Antikorrupti-onsgesetz, beschlossen im Jahr 1964, ging mit seinen Strafbestimmungen zur Bekämpfung der Untreue und der Bestechlichkeit im Strafgesetzbuch (StGB) 1975 auf.

Wobei das klare Wort Bestechung in diesem Zusammenhang sogar eliminiert worden ist.

Was aber schwerer wiegt: Das zentrale Anliegen, dem mit diesem Antikorruptionsgesetz hätte entsprochen werden sollen, scheint in der neuen Fassung nicht mehr auf.

Diese „Kernbestimmung" (Broda-Sekretär Sepp Rieder zum ursprünglichen Entwurf) hätte eine Strafbestimmung gegen Beamte bei „Vergabemißbrauch" (ein neuer Paragraph 302a im StGB) sein sollen.

Da aber das zuständige Bundeskanzleramt mit dem Entwurf eines Vergabegesetzes in Verzug geriet, geriet auch der harte Kern des Antikorruptionsgesetzes unter die Räder: Strafbestimmungen für die Verletzung eines Gesetzes zu schaffen, das es nicht gibt (obwohl seit einem Jahrzehnt überfällig), wäre einem Hausbau gleichgekommen, der mit dem Dachstuhl begonnen wird.

Somit reduziert sich die Bedeutung des zweiten Antikorruptionsgesetzes auf eine (trotzdem notwendige und wichtige) Novelle zum Strafgesetzbuch 1975: die erste übrigens zum sogenannten .Jahrhundertgesetz", der bald weitere folgen dürften.

Durch das neue Gesetz werden die strafrechtlichen Bestimmungen wegen fahrlässiger Krida ausgedehnt. Nach bisher geltendem Recht machte sich nur schuldig, wer fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit herbeiführte. Die Zahlungsunfähigkeit war somit Voraussetzung für einen Tatbestand.

Nicht jedoch konnten jene Manager zur Verantwortung gezogen werden, die zwar ihr Unternehmen in den Ruin manövriert haben (Stichwort: Wiener Bauring),aber die öffentliche Hand aus wirtschaftlichen oder politischen Überlegungen eine Zahlungsunfähigkeit abgewendet hat.

Künftig soll es Miesmanagern auch in den sogenannten „unsink-baren Schiffen" der öffentlichen und halböffentlichen Wirtschaft an den Kragen gehen, wenn sie fahrlässig gehandelt haben: Muß deshalb ihr Betrieb (durch Zuwendungen oder Fusion) durch die öffentliche Hand gerettet werden, droht ihnen Strafe. Das blüht leitenden Angestellten ebenso wie Geschäftsführern, Vorstandsmitgliedern ebenso wie Aufsichtsräten.

Sicherlich wird damit eine Lük-ke im Strafgesetz geschlossen — aber fahrlässige Krida hat unmittelbar nichts mit Korruption, zu tun.

Die zweite wesentliche Bestimmung ergänzt den Hehlereiparagraphen 164 des Strafgesetzes: Nach der bisherigen Gesetzeslage war nur strafbar, wer aus einem Vermögensdelikt Geld oder Objekt an sich gebracht, verwertet oder verhehlt hat.

Die Strafbarkeit wird künftig auf alle Verbrechen und Vergehen, ja sogar auf Amtsdelikte ausgedehnt Kurzum: Jeder, der aus einer strafbaren Tat einen Nutzen zieht wird belangbar.

Das wertvolle Präsent für die Gattin eines Beamten, der beeinflußt werden sollte, wird künftig ebenso zum Verhängnis, wie auch die berühmte „Tante Hermi" des abgeurteilten AKH-Direktors Adolf Winter nicht mehr ungesühnt von seinen Millionenkonten abheben dürfte.

Die dritte Neuerung betrifft die Verschärfung der Bestimmungen bei minderschweren Amtsdelikten für all jene Fälle, in denen ein echter Mißbrauch der Amtsgewalt nicht nachgewiesen werden kann. Künftig ist auch die Forderung eines geringfügigen Vermögensvorteils (freilich ein dehnbarer Begriff) durch einen Beamten strafbar. Straflos bleibt wer ein kleines Geschenk annimmt—aber nur dann, wenn er nicht pflichtwidrig in seinen Amtsgeschäften vorgeht

Ausgedehnt werden schließlich auch die Bestimmungen über den Verfall eines Geschenkes: Waren bislang nur Zuwendungen in Geldeswert davon betroffen, soll der Täter künftig etwa auch für eine Reise auf die Bahamas Schadenersatz leisten müssen.

Das Strafgesetzbuch kann man, wie sich zeigt ändern. Ob man durch Paragraphen freilich auch das Bewußtsein ändern kann'

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