6837990-1975_26_06.jpg
Digital In Arbeit

Keine Frauen im Schloß

Werbung
Werbung
Werbung

Im Vorjahr hat die jüngste der vier Schwestern des Königs das Schloß verlassen und ist eine Frau Magnussen geworden; mit ihr hat der Hof zu Stockholm eine liebenswürdige Repräsentantin weiblichen Charmes verloren.

Der Versuch, die weibliche Thronfolge einzuführen, ist im Vorjahr gescheitert. Die Söhne der Haga-Prin-zessinnen können keine Erbprinzen werden, mit wem ihre Mütter auch verheiratet sein mögen. Die Erbfolge ruht nun einzig und allein auf Carl XVI. Gustaf, den eine sensa-tkmslüsterne Presse schon so viele heimliche Verlobungen und dicht bevorstehende Verheiratungen angedichtet hat, daß jeder tatsächliche Schritt in dieser Richtung kaum mehr Aufsehen erregen dürfte.

Die neue Verfassung, zu Beginn dieses Jahres in kraft getreten, reduziert den Moniarchen zu einer Galionsfiguir. Die wöchentlichen königlichen Conseils sind abgeschafft worden; die glanzvolle Eröffnung der Parlameratssession wurde durch eine nüchterne Eröffnungssitzung ersetzt Man braucht kein Anhänger der Monarchie zu sein, um zu bedauern, daß das prachtvolle Schauspiel im FruJilksaal des alten Königs-Schlosses nun Geschichte geworden ist.

Jüngst erregte es großes Aufsehen, daß der Erste Hofmarschiall, Graf

Tom Wachtmeister, den jungen König verlassen will. Dieser höchste Funktionär des Hofes verkörperte wie kein anderer Würde und Macht, so lange diese währten. Graf Wachtmeister soll mit gewissen Erscheinungen in der Umgehung des Königs nicht mehr einverstanden gewesen sein. Man wird sicher einen neuen Ersten Hofmarschiall finden, aber es kann nicht übersehen werden, daß es rings um den jungen König — trotz des bunten Freundeskreises — doch recht einsam geworden ist. Man vergleicht den jetzigen Zustand mit dem, der vor wenig mehr als zwei Jahren, zur Zeit des alten Königs und der Prinzessin Sibylla, herrschte, und man wird ein Opfer nostalgischer Gefühle...

Im Zusammenhang mit den bereits „erfolgten oder noch bevorstehendien personellen Änderungen in der Umgebung des Königs diskutiert man in Stockholm jedoch auch jene sich hartnäckig behauptenden „vertraulichen Iniformationen“, die das Schicksal des Geschlechtes Berna-dotte direkt betreffen, und die nicht zuletzt auch südlich der Ostsee mit großer Aufmerksamkeit verfolgt werden.

Es ist ja kein Gehefainiis, daß eine junge Dame deutscher Herkunft, die der damalige Kronprinz Carl Gustaf während der Olympiade in München kennengelernt hat, dem jungen Kö-

nig sehr nahesteht. Zahlreiche Treffen im engsten Familienkreis lassen den Schluß zu, daß es sich hier um mehr als nur eine oberflächliche Freundschaft handelt.

Die junge Dame mit dem phantasieerregenden Namen Sylvia soll nach Meinung jener Personen, die sie kennenlernen konnten, alle Voraussetzungen besitzen, um einmal eine repräsentative Rolle im königlichen Schloß spielen zu können. Es gibt nur wenige negative Faktoren, die bei einer Beurteilung ins Gewicht fallen, und der gewichtigste unter ihnen ist lediglich, daß sie deutscher Herkunft ist. Es gibt Kreise in Schweden, die sich damit schwer abfinden können, aber auch die Befürworter einer solchen Wahl können die (für Schweden recht beschämende!) Tatsache nicht außer acht lassen, daß es auch die Mutter des jetzigen Königs, Prinzessin Sibylla von Sachsen-Coburg, gerade ihrer deutschen Herkunft wegen in Schweden durch viele Jahre sehr schwer hatte.

Nun sind wohl seit jenen düsteren Zeiten, da alles Deutsche verfemt war, dreißig und mehr Jahre vergangen, doch in Schweden, dem so viele Erschütterungen und Prüfungen erspart geblieben sind, vergißt man sehr langsam. Man lag viele Jahrzehnte-, ja jahrhundertelang zu sehr außerhalb der europäischen Entwicklung und schleppt ein Erbe weiter, das in anderen Ländern längst verweht und vergessen ist.

Formell kann der König natürlich wen iim>raer zu seiner Gattin wählen, im praktischen Fall aber versuchen sich doch verschiedene Interessen geltend zu machen. Ist auch vom Glanz und von der Herrlichkeit nicht viel übriggeblieben, die bewahrt gebliebenen Privilegien und Pflichten üben immer noch ihre Lockung aus. Die Frage ist nun, ob der junge König die Kraft haben wird, nach seinem Herzen zu wählen, oder ob er den Einflüssen seiner Umgebung erliegen wird. Es ist keine weltbewegende Frage, aber für einige MU-Monen Menschen im Norden hat sie ihre Bedeutung.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung