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Kunstschätze warten auf ein neues Konzept

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Hat die großzügige Leihgabe des Aachener Industriellen Ludwig in Wien eine Museumskrise verursacht? Joachim Diederichs von der Kasseler Dokumenta meinte anläßlich eines Round-table-Gespräches in der Galerie nächst St. Stephan, daß es gar keine Krise gebe, es handle sich hier wie in Köln, Paris oder Berlin um eine Neugründung. Diese aber bringt heute eine Unzahl von Problemen mit sich, mit denen man sich, wie oft hierzulande, viel zu spät auseinanderzusetzen beginnt.

Auf die Einladung zu diesem längst fälligen öffentlichen Gespräch hat es von offizieller Seite, ob Ministerium oder betroffene Museumsdirektoren, niemand für opportun befunden, daran teüzunehmen. Gibt es etwa für die zuständigen Herren des Wissenschaftsministeriums einen Maulkorberlaß? Direktor hat das moderne Museum im Palais Liechtenstein noch keinen, allenfalls, wie er sich selbst nennt, einen „Hausmeister“, einen Mariager, der die Sammlung. Ludwig in Empfang genommen hat: Prof. Hans Mayr, der Präsident des Künstlerhauses. Aber auch er konnte keine Auskunft über ein Konzept für dieses Museum geben. Nur die Intentionen der zuständigen Ministerin Hertha Firnberg, ein möglichst breites Spektrum anzubieten, wiederholte er.

Denen jedoch, denen die moderne

Kunst am Herzen liegt, drängen sich grundlegende Fragen auf. Was wird überhaupt im Liechtensteinpalais gezeigt werden? Sollte der Kern die Ludwigsche Sammlung sein? Man kennt selbst die ausgewählten Werke der Sammlung noch nicht.

Wenn das Museum des 20. Jahrhunderts auch vollauf renoviert wird, so brauchen die Bestände dieses Hauses doch eine neue Heimstätte. Außerdem müßte ein großer Teil der österreichischen Galerie in das Palais übersiedeln. Aber auch Werke aus dem Kunsthistorischen Museum sowie sämtliche Jugendstüexponate, die derzeit im Keller des Museums für angewandte Kunst ruhen, müßten in dem neuen Haus ihren Platz finden. Beim Auspacken der neu angekommenen Sammlung konnte man von der Mimsterin vernehmen, daß die Schau von Cezanne bis heute reichen sollte. Welcher Direktor aber gibt schon gern etwas aus seinen Beständen her?

Internationale Bezüge sollen geschaffen werden. Was passierte in der Kunst in Europa zwischen 1945 und 1970 oder von 1900 bis heute? Die einen meinen Weltkunst, die anderen wollen das lokale Kolorit stärker in den Vordergrund gestellt haben.

Wer soll das alles entscheiden? Wer ist dazu imstande? Der Ruf nach einem „Intendanten“ wie beim Theater wurde laut: eine Verwaltungsperson

allein könne über künstlerische Aspekte nicht entscheiden, könne das Publikum nicht motivieren, zu kommen.

Fragen, Probleme, aber das Ministerium schweigt. Welche Bedürfnisse die Bevölkerung hat, wer hat sich darüber schon eine Meinung ge-büdet? Die Zeit aber drängt, der Vertrag mit Ludwig läuft bloß fünf Jahre, eines ist bald um.

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