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Man(n) trägt wieder Farben

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Welcher Jahreszeiten-Typ sie w » ist, weiß die moderne schön- heits- und karrierebeflissene Frau seit dem „Colour-me-Beautiful"- Boom natürlich längst: ob Früh- jahr- oder Herbst-Typ, dem die warmen Erdtöne zu Teint, Augen- und Haarfarbe stehen oder Som- mer- oder Wintertyp, der die kla- ren, kalten blaustichigen Farbtöne für Mode und Kosmetik bevorzu- gen sollte.

Demnach bin ich ein Sommertyp, dem klare blaustichige Farben mit Pastellcharakter von Rosa bis Lila und Grau bis Zitronengelb zu Ge- sicht stehen. Ich beachte dies auch gewissenhaft und würde seitdem in vollkommenster Harmonie auf meine Umgebung ausstrahlen, wenn - ja wenn -, mein Ehegespons nicht auch nun mit zweijähriger Verspätung diese persönlichkeits- fördernde Farbengestaltung ent- deckt hätte.

Seit dieser Farbenberatung für Männer nun ist nichts mehr so wie es früher mal war - eine Revolution ist nichts dagegen! Stellte sich doch heraus, daß er der Herbsttyp ist, dem Gold und warme Töne von Beige bis Braun schmeicheln, der Silber, Grau, Blau und dergleichen aber zu meiden hätte wie die Pest. Womit wir farbmäßig gesehen so ungefähr die Antipoden schlecht- hin sind.

Konsequent und eitel wie so ein Mannsbild überdies ist, hatte das gleich gravierende Folgen: Als er- stes riß er die Kleiderschranktüren zu seinem Teil auf und warf ein graues Glencheck-Sakko, einen dunkelblauen Nadelstreif-Anzug und den türkis-weißkarierten Sommeranzug ä la Miami Vice hintersich-dortstandichaberund fing die Stücke begeistert auf - das ergibt herrlich lässige Blazer in genau meiner Farbpalette.

Das war ja noch eipe äußerst positive Folge. Sodann war natür- lich ein Feldzug durch die Herren- ausstattungsshops angesagt, man- gels jetzt vorhandener Kleidermas- se. Wir fanden auf Anhieb so einen modisch gekrinkelten Khaki-An- zug, doch dann wollte er passend dazu ein Hemd: Die Verkäuferin holte, begeistert von unserem zeit- gemäßen Geschmack, ein dunkel- blaues edles Sweat-Shirt heraus, das sich zugegebenermaßen zu Khaki hinreißend kombinieren ließ - da zischte es in meinem Rücken: „Die sieht mich überhaupt nicht an! Die hält das Hemd nur zum Anzug — hast du das gesehen?! Die merkt nicht, daß die Farbe gar nicht zu meinem Teint paßt!" Glückli- cherweise landete auch schon ein beiges Hemd mit braunen Streifen neben dem Anzug, und jetzt stimm- te die Psychologie wieder.

Am Wochenende darauf war eine Party angesagt, und ich stellte unschuldig die Gretchenfrage: „Soll ich das Cyclamfarbene, das Rost- braune oder das Rote anziehen?" Wie aus der Pistole geschossen kam's: „Natürlich allenfalls das Rote — in den anderen machst du mich ja, wenn ich neben dir stehe, absolut blaß!" Womit wenigstens keine Qual der Wahl mehr herr- sehte, das hat ja wohl auch so seine Vorteile.

Langsam allerdings wird's kri- tisch - von wegen: .Gegensätze zie- hen sich an'! „Man(n)" stellt fest, daß die Wohnzimmereinrichtung zwar Vorhänge seiner Palette (bei- ge) besitze, ansonsten aber ganz auf mich (altrosa und graublau) abge- stimmt sei, unser Arbeitszimmer mit orange und grau sich völlig wider- spreche und ab sofort auch andere Bettwäsche für ihn her müsse: Notfalls ist es aus mit der Harmo- nie im Bett.

Und vollends perplex war ich, als wir neulich zwecks persönlichem Jubiläum einen Schmuckdesigner ansteuerten und ich vorab die Warnung zu hören bekam: „Und nach Gold brauchst du überhaupt nicht zu schauen - das steht dir nicht!"

P. S.: Dabei aber hatte er überse- hen, daß Platin und weiße Perlen bestens zu mir passen!

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