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„Musik für Anspruchsvolle“

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Auf Grund der Darbietungen der „Academy Of St.-Martin-In-The- Fields“ müßte der Titel in „Musik und ihre Ausführung für Anspruchsvollste“ umgewandelt werden. Ein Zusammenspiel wie das des aus 14 Streichern und einem Cembalisten bestehenden Londoner Kammerorchesters hat man schon lange nicht mehr gehört, das von Handels Concerto grosso A-Dur bis zu Bar- töks folkloristisch inspiriertem Divertimento eine ständige Qualitätssteigerung erfuhr. Der am ersten Pult sitzende Konzertmeister Neville Marriner, auch als Leiter großer amerikanischer Orchester bekannt, ist der Primus inter pares des ohne Dirigenten spielenden Ensembles. Mit welcher ätherischen Leichtigkeit sich beispielsweise die einzelnen Streichergruppen die Einsätze in Mozarts D-Dur-Divertimento (KV 136) zuwarfen oder wie bei Bartök selbst bei Pizzikatostellen feinste dynamische Nuancierungen erzielt wurden, Geigen-, Bratschen- und Cellobögen ein Unisono wie mit einem einzigen Bogen spielten, muß man erlebt haben, um die Begeisterung des mit Manual- und Pedal- Applaus dankenden Publikums zu verstehen. Ebenso einmalig wie das Orchester war der Hornist Barry Tuckwell, der Haydns Homkonzert D-Dur mit einem Ton edelster Prägung und Weichheit, Cherubinis Homsonate mit stupender, in schwierigsten Kadenzen brillierender Technik spielte. Ein Abend, für den kein Lob zu hoch ist.

Paul Klecki verkörpert den Typ des mit der Partitur auf du und du stehenden, auch die kleinsten Anweisungen beachtenden Orchester- ledters, für den es kein Herumdeuteln an der Eigenaussage des von ihm interpretierten Werkes und kein merkbares Hervortreten persönlicher Eigenwilligkeiten als Zusatz gibt. Dabei erreicht er in der Interpretation der 7. Symphonie Bruckners eine gute Durchleuchtung der formalen Anlage der Partitur und eine genaue Themenkonzentration und deckte auch die Verbindung der ähnlichen Inhaltssymbole des 1. Satzes und des Finales auf. Der monumentale Anstieg des Adagios bis zum berühmten Beckenschlag beim Eintritt des erlösenden C-Dur bildete den Höhepunkt der Aufführung, an deren Gelingen die Wiener Symphoniker mit der diesmal sehr präzisen Blechbesetzung wesentlichen Anteil hatten. — Vorher spielte Paul Badura-Skoda Mozarts Es-Dur-Klavierkonzert (KV 482), das in seiner Substanz zwar nicht ganz an die drei großen Konkurrenten in c-Moll und A-Dur und D-Dur heranreicht, aber doch bei den Pianisten zu den bevorzugten unter den mehr als 20 Mozartkonzerten zählt. Badura-Skoda hält sich glücklicherweise von der heute auch bei Mozart so gern geübten kühlen Glätte des Vortrags fern und ließ das Werk in einer von größter Spontaneität zeugenden, aber immer geistig kontrollierten Musizierfreude erstehen, von seiner prächtigen Anschlagskultur und blendender Passagenakrobatik überzeugend.

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