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Plutos” von Paul Kont

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Mit einer Uraufführung stellte das Klagenfurter Stadttheater seine Besucher auf die Probe, denen als „Sprechstück für Sänger” Paul Kont seinen „Plutos” anbot, ein Publikum prüfend, von dem sich ein geringer Teü als leidgeprüft in der Pause absetzte; die überwiegende Mehrzahl bestand und hatte Interesse an Ungewohntem und Beifall für ein Werk, das sich Klagen- furt als Auftragsoper geleistet hatte.

Kont hatte es schon einmal mit Aristophanes, als er der „Lysistrate” die Musik schrieb. Nun hat er der letzten auf uns gekommenen Komödie des Revolverdramatikers Aristophanes, der es den Politikern und Dichterkollegen recht boshaft und verletzend hineingesagt hat, seine Musik unterlegt. Auf seine Weise, bestrebt, dem antiken Theater möglichst im Geiste seiner Wesensart zu dienen. So bekam die Fabel von dem blinden Plutos, der den Reichtum blind verteilte und erst, sehend geworden, zu einer Art ausgleichender Gerechtigkeit gelangte, eine dem Metrischen verpflichtete Untermalung. Vorwiegend Holzbläser geben der ersten Stückhälfte Klang und Effekt Schlagwerk unterstützt sie, Gong und Trompete mischen sich ein - die Eigenart eines akustischen Auf und Ab, die Hebung und Senkung des größtenteils von Ludwig Seeger bezogenen Textes überträgt sich auf die Sänger, die es, weiß Zeus, wirklich schwer haben. Doch was zunächst befremdet, gibt dann Kont recht, der nach der Pause mit den Streichern ein fremdes Element in seine Partitur “ Allmählich freilich wird man dann doch der Monotonie müde und sucht in den wenigen Szenen, die Aktion und Komik aufweisen, Entschädigung. Und freut sich zuletzt, wenn im bei Aristophanes beliebten „Festzug” die parodistische Note überwiegt: Zeus ist zu den Menschen gekommen (von Kont eingefügt) und nicht als Schwerenöter, sondern als ein um seine Opfer betrogener Gott, denn - wer opfert schon den Göttern, wenn es ihm gut geht? Der sehend gewordene Plutos— nun ein weiterer prunkender Gott und kein Kümmerling - hat umverteüt und unter den Menschen ausgleichend gewirkt. •-

Was Paul Kont ihm auftrug, hat der Dirigent Wolfgang Czeipek getreu erfüllt. Victor Politt (Regie) hat dem Werk, das ein weise gewordener Dichter schrieb, dem es nicht mehr um Aggression und derben Spaß ging, das Wenige an Komik abgewonnen, das sich fand, und dabei von den „Greisen” tänzerisch-chorisch Unterstützung gewonnen. Emst Fuchs entwarf das archaisch anmutende Szenenbild und fügte einen prächtigen Vorhang mit dem münzenspeienden Plutos hinzu. Die Singenden überwanden die Mühsal - ganz ausgezeichnet die auch textverständlichen Franz Xaver Lukas (Chremylos) und Klaus Wall- precht, als Karion Urbild späterer Dienertypen. Darstellerisch und gesanglich zu rühmen der Plutos I des Anthony Bremner. Offenbach benachbart Zeus (Peter Branoff) und Hermes (Franz Donner). Wie aus einem Totentanz geholt die optisch großartige Armut Penia Francis Lawton, von überzeugender Komik Betty Kopier als überreife Dame, die Anschluß sucht.

Keimfreier Zirkus

In der Stadthalle gastieren wieder - ATA 77! - Artisten und Tiere. Und ein paar Attraktionen sind auch dabei. Freddy Quinn, der Seiltanzen gelernt hat, als Partner des amerikanischen Seiltänzers Joe Seitz, vor allem aber letzterer auf dem Hochseil, auf dem Sattel seines Fahrrades stehend - eine jener Leistungen, die gar nicht so spektakulär aussehen, wie sie sind. Die Rastellis: Aus dem Fernsehen bekannte Clowns der Weltklasse, die man in Wien noch nicht gesehen hat. Der Seiltanzende (o’der vielmehr seilgehende) . Elefant Madura,” die TI unde des Ehepaares Chabre, die ungeheuer witzigen Halfwits mit ihren clownesken Kastensprüngen.

Woran liegt es, daß sich die echte Zirkusatmosphäre doch nicht so recht einstellen will? Weil die Halle kein Zelt ist? Weü sie zu groß ist? Weü der Großteil des Publikums so weit weg vom Geschehen sitzt, daß es zwar alles sieht, aber beim besten Willen nichts mehr vom Zirkus riecht?

Vielleicht liegt es daran, daß eine so keimfreie Version des alten Faszino- sums Zirkus tatsächlich vom Fernsehen überboten wird. Als Gesamterlebnis kann ATA mit dem um so viel kleineren Zirkus des Bernhard Paul (auch nach der Trennung von Andrė Heller) jedenfalls nicht mithalten. Aber auch die Nummern waren bei Bernhard Paul zu einem erheblichen Teil besser. Trotzdem ist ATA natürlich ein Erlebnis für Kinder.

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