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Rückblick ins Vergangene

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Lange hat es gebraucht, bis die Frauenemanzipation einige ihrer Ziele erreichte. Das wird einem bei der im Volkstheater gespielten Komödie „Man kann nie wissen“ von Bernard Shaw bewußt, in der die Emanzipation propagiert wird. Das Stück ist nämlich schon fast achtzig Jahre alt. — Kaum zu glauben, in dieser Komödie geht es Shaw höchst antiquiert darum, ob Gloria den jungen Zahnarzt Dr. Valentine heiraten wird oder nicht. Und es gibt gar noch Liebe aul den ersten Blick! War Shaw etwa Mitarbeiter der „Gartenlaube“? Zugegeben, er hat sein Späßchen daran, daß Glorias, der emanzipierten Widerspenstigen, Zähmung in „achtzehn Minuten“ erfolgt, während Valentine bei einer Nichtcmanzipierten „achtzehn Monate“ gebraucht hätte. Nun, wenn schon.

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Lange hat es gebraucht, bis die Frauenemanzipation einige ihrer Ziele erreichte. Das wird einem bei der im Volkstheater gespielten Komödie „Man kann nie wissen“ von Bernard Shaw bewußt, in der die Emanzipation propagiert wird. Das Stück ist nämlich schon fast achtzig Jahre alt. — Kaum zu glauben, in dieser Komödie geht es Shaw höchst antiquiert darum, ob Gloria den jungen Zahnarzt Dr. Valentine heiraten wird oder nicht. Und es gibt gar noch Liebe aul den ersten Blick! War Shaw etwa Mitarbeiter der „Gartenlaube“? Zugegeben, er hat sein Späßchen daran, daß Glorias, der emanzipierten Widerspenstigen, Zähmung in „achtzehn Minuten“ erfolgt, während Valentine bei einer Nichtcmanzipierten „achtzehn Monate“ gebraucht hätte. Nun, wenn schon.

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Gloria und ihre Geschwister, das Zwillingspaar Phil und Dolly, wissen nicht, wer ihr Vater ist. Der ach so schalkhafte Bemard sorgt dafür, daß sie das Rauhbein Vater rechtzeitig kennenlemen. denn ohne Vater kann man in England nicht einmal jemanden zum Lunch einladen, man würde Ihn kompromittieren. Bernards vergnüglich-hinterhältiger Spott hat der englischen „verlogenen" GesellschaftSDrdnung wieder eins ausgewischt. Aber was geht das uns an? Oder soll uns die drollig gemeinte „Ungezogenheit" besonders von Dolly, aber auch von Phil, Spaß machen? Man kann nie wissen, erklärte ein weiser Ober. Gewiß, man kann nie wissen, wie man heute mit einem weniger bekannten Stück von Shaw dran ist.

Mit dem Spott auf Emanzipation und englische Zustände 1st in der Aufführung nicht viel anzufangen, daher begnügt sich Regisseur Rudolf Kautek damit, die Szenen möglichst locker darzubieten. Renate Bernhard zeichnet die stolze Zurückhaltung Glorias zu sehr mit äußeren Mitteln. Alfred Rupprecht spricht als Dr. Valentine ohne stärkere Eigenart durchaus an. Elisabeth Epp 1st als Mutter der drei Kinder ganz vornehme Dame, das Blaustrümpfige fehlt. Viktor Gschmeidler wirkt als ihr seit achtzehn Jahren getrennt lebender Gatte keifend-ruppig, nicht aber aus Kraft aufbegehrend. Frisch, lebendig gehaben sich Liselotte Plauensteiner und Heinz Zuber als die frech-munteren Zwillinge. Das gütig menschliche des Obers glaubt man Gustav Dieffenbacher. Der Kabarettist Maxi Böhm enthält sich als einer der beiden Anwälte nicht immer kabarettistischer Akzente, dem anderen Anwalt gibt Oskar Willner Profil. Maxi Tschun- ko entwarf helle, freundliche Bühnenbilder und Kostüme.

Mit Menschenleben zu spielen war eine Wunschvorstellung der Wiener Literaten von einst, ln der einaktigen Studie „Der Puppenspieler“ von Arthur Schnitzler, die derzeit im Theater in der Josefstadt gegeben wird, hat ein kontaktunfähiger Schriftsteller ein Mädchen zum Scherz dazu verleitet, sich ln seinen, des Schriftstellers schüchternen Freund verliebt zu stellen. Nebenabsicht: ihn von seiner Schüchternheit zu befreien. Menschen sind keine Puppen. Entsteht eine Tragödie? Eine brav-spießige Ehe behaglichen Glücks wurde daraus, wie der inzwischen verkommene, sich dennoch überlegen dünkende Schriftsteller feststellt. Ironie des Schicksals. Unter der Regie von Peter Ma- ti 6 werden die Akzente nun freilich allzusehr verschoben: Alfred Böhrji glaubt man zwar das Spießige des nunmehr Verheirateten, aber nicht dem Oboespieler der Hofoper. Harald Harth gibt dem Verkommenen die Verdüsterung einer abgrundtiefen Tragik, was dem Schwebezustand des Stücks nicht entspricht. Elfriede Ott gelingt es, als Gattin Schiichheit glaubhaft zu machen.

Als zweiter Einakter wird die Komödie „Ollapotrida" von Alexander Lemet-Holenia gespielt, die vor fast fünfzig Jahren entstanden ist. Der Titel stammt aus dem Spanischen, heißt übersetzt „fauliger Topf“. Faulig, meint der Titel, ist das vorgeführte erotische Schlamassel, bei dem ein patenter Egoist mit der Frau des guten Freundes ein Verhältnis hat und der Freund mit der Frau eines anderen guten Freundes genauso liiert Ist. Preisfrage: Wie gelingt es, diese Querbeziehungen vor den Gehörnten zu verheimlichen, obwohl ein Polterer seine Un- getreue in flagranti zu ertappen glaubt. Die Strategie der Täuschungen gelingt exzellent, mit Tür auf, Tür zu. Das Publikum hat seine Freude dran, um so mehr, als Peter Matiö den Wirbel lebhaft in Schwung hält. Peter Vogel ist der zentrale, schlaksig- Überlegene in dem Getriebe, Brigitte Neumeister gibt der einen Ungetreuen drollige Dummsigkeit, Elfriede Ramhapp der anderen ein unentwegtes fröhliches Lachen. Peter Neusser poltert, wie es sich gehört. Roman Weyl hatte sich ln den Bühnenbildern nicht besonders anzustrengen. Monika ZalUnger entwarf die zeitgerechten Kostüme.

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