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Warum berühmt?

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Eine Ausstellung des Archivs der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien geht der Frage nach, wodurch ein Komponist bei seinen Zeitgenossen, bei der Nachwelt berühmt ist, warum andere Künstler vergessen sind. Als thematische Vorbereitung für das Mozart-Jahr 1991 wurden vier Künstlerpersönlichkeiten ausgewählt,' die vor, neben und nach Wolfgang Amadeus Mozart erfolgreich in Wien gewirkt haben, aus verschiedenen Gründen zu ihm in Beziehung gesetzt wurden und dennoch rasch aus dem Gedächtnis verschwanden.

Als Hofkapellmeister und -kom-ponist war Florian Leopold Gaßmann bemüht, den Erwartungen Kaiser Josefs II. und dem Geschmack der Zeit zu entsprechen. Der wesentlich jüngere Mozart bewunderte Gaßmanns Beherrschung des Kontrapunktes, nahm sich dessen Requiem zum Vorbild. Auch dieses Requiem blieb unvollendet, wurde an der gleichen Stelle der Komposition durch den Tod abgebrochen. Ohne selbständige künstlerische Ziele zu verfolgen, blieb Gaßmanns reiches Werk stilistisch dem Kaiserhof verpflichtet und wirkte daher schon bald veraltet.

Carl Ditters von Dittersdorf hingegen kam als Kapellmeister bedeutender Adelskapellen viel in der Welt herum und erlangte internationale Berühmtheit. Mit Joseph Haydn und Mozart, die ihn als ebenbürtigen Kollegen betrachteten, war er befreundet. Genial und überreich an Ideen entwarf er vieles, das erst Generationen nach ihm zur Vollendung brachten. Seine Bedeutung lag in musikalischen Entwicklungen der Zukunft, er selbst war im Alter einsam und vergessen.

Als erster freischaffender Komponist der Musikgeschichte schuf Johann Baptist Vanhal Werke von höchster künstlerischer Qualität. Haydn und Mozart bewunderten ihn und führten seine Werke auf. Seiner ersten großartigen Schaffensperiode machte eine Geisteskrankheit ein Ende, nach deren Ausheilung er nicht mehr das Niveau seiner jungen Jahre erreichte.

Als vierter „Vergessener“ wird Josef Mayseder gezeigt, dessen Karriere wie die Mozarts als Wunderkind begann. Er war einer der ersten komponierenden Virtuosen, seine Kompositionen standen im Dienst seines Virtuosentums, waren der besonderen Art seines Geigenspiels angepaßt. Als er, sich nicht mehr mit dem Zeitgeschmack in Einklang fühlend, von der Konzerttätigkeit zurücktrat, wurde auch sein kompositorisches Werk bald vergessen.

Vergessenwerden liegt keineswegs immer an mangelnder Qualität, individuelles Schicksal, Verknüpfung von Künstlerpersönlichkeit und Bedingungen der Zeit spielen eine wichtige Rolle. Die.Nachwelt, konfrontiert und verwöhnt mit einem reichen musikalischen Erbe, macht nur selten und eher durch Zufall Wiederentdeckungen. Nur wenn musikalische Sonderwünsche von der klassischen Literatur nicht erfüllt werden können, macht man sich auf die Suche bei den vergessenen Meistern und hebt einen ihrer vergrabenen Schätze ans Licht.

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