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Mozarts Milieu
Gewaltige gesellschaftliche Umwälzungen hat er miterlebt, den Aufbruch der Naturwissenschaften im Gefolge der Aufklärung: Mikroskop und Planetarium, die Elektrisiermaschine zu medizinischen Zwecken. Auch das war die Zeit Wolfgang Amadeus Mozarts, dem die Ausstellung „Zaubertöne - Mozart in Wien" im Wiener Künstlerhaus (bis 15. September 1991) gewidmet ist.
Der am 27. Jänner 1756 in Salzburg Geborene reiste bereits im Alter von vierzehn nach Rom (1770) und Neapel. Machte Konzertreisen nach Paris (1764) und London (1765). München und Prag, Berlin, Dresden und Frankfurt - mit allen Unbequemlichkeiten und Reise-Fährnissen der damaligen Zeit -lernte er als Künstler kennen. Im Gegensatz zur regionalen Enge und Seßhaftigkeit, in der die Mehrheit der Bevölkerung lebte.
Was er sah und was er aufnahm auf diesen Reisen, veränderte das Lebensgefühl Mozarts wohl ebenso sehr wie die Bekanntschaft und der Umgang mit seinen adeligen Auf-> traggebern und Schüler(innen), wie die Erfahrungen am fürsterzbi-schöflichen- oder am Kaiserhof. Das Herannahen der Französischen Revolution hat er ebenso miterlebt wie die Feiern nach dem Sieg über die Türken bei Belgrad.
Aus der Abhängigkeit als Hofmusiker in Salzburg verhilft ihm die Uraufführung der Auftragsoper „Idomeneo" 1781 in München, nach der er den Sprung zur Selbständigkeit - auch fern vom Vater - in die Residenzstadt Wien wagt. Joseph II. und sein den Prinzipien der Vernunft gehorchendes Menschenideal mit entsprechenden gesetzlichen Reglementierungen herrscht hier seit 1780.
Mit Kompositionen und Solo-Auftritten bei Akademien und in den musikalischen Salons der Aristokratie verdient er seinen Lebensunterhalt, mit Lektionen an mehr oder weniger Begabte aus erlauchten Kreisen, die ihm auch den Zugang zum Kaiserhaus eröffnen.
Josephs Toleranzpatent, sein vom Nützlichkeitsdenken diktierter Befehl zur Aufhebung der kontemplativen Orden und Klöster, seine Neuordnung der Stadtverwaltung, seine Förderung von Wissenschaft und Technik bestimmten den Alltag der Bürger.
Das kulturelle Leben der einfachen Leute fand bei den Auftritten des Hans Wurst (etwa am Leopoldstädter Theater), bei den Darbietungen der Pawlatschen-Bühne (auf der Freyung) oder im (Tier)-Hetz-Amphitheater (beim Stubentor) statt. Einem neuerwachten kulturellen Patriotismus, die italienische Opera buffa durch das deutsche Singspiel zu ersetzen, verdankt Mozart 1782 die Uraufführung seiner „Entführung aus dem Serail" im k. k. Nationaltheater.
Gegen den Widerstand des Vaters heiratet Mozart am 4. August 1782 Constanze Weber im Wiener Stephansdom, von den sechs Kindern des Paares überleben - wie damals üblich - nur zwei. Elf mal in zehn Jahren wechseln die Mozarts ihre Wohnstätten, Kartenspiel und Geselligkeit vertreiben die Zeit -und kosten Geld. 1784 tritt Mozart der Freimaurerloge „Zur Wohltätigkeit" bei, der Einflußreichtum seiner Logenbrüder wird für ihn nicht, ohne Bedeutung gewesen sein.
Die Esterhäzys und die Schwarzenbergs, die Liechtensteins und die Fries, die Lobkowitz und einflußreiche jüdische Familien bieten nicht nur in ihren Stadtpalais, sondern auch in den Landschlössern in Dornbach oder am Cobenzl Aufführungsmöglichkeiten für seine Kompositionen. 1786 wird „Der Schauspieldirektor" als Auftragswerk des Kaisers in der Orangerie von Schloß Schönbrunn uraufgeführt. Mit „Le Nozze di Figaro" kommt 1786, drei Jahre vor der Französischen Revolution, ein Werk „zeitkritischen Musiktheaters" ans k. k. Nationaltheater.
Der Don Juan-Stoff, von Loren-zo Da Ponte zum „Don Giovanni" umgearbeitet, erlebt 1787 im Prager Ständetheater seine glanzvolle Uraufführung.
Mit 800 Gulden Jahresgehalt wird Mozart nach dem Tod des „Kammerkompositeurs" Christoph Willibald Gluck 1787 dessen Nachfolger am Wiener Hof - lange nicht so gut entlohnt wie dieser. Das Maskenvergnügen der Redoutenbälle ergibt den Hintergrund für „Cosi fantutte", im Todesjahr Joseph' II. 1790 in Wien uraufgeführt.
Existenzielle Sorgen, bedingt durch Auftragsrückgänge unter dem neuen Herrscher Leopold II. lassen ihn die Stelle des Domkapellmeisters von St. Stephan anstreben, die er jedoch nicht erhält. Als Auftragswerk zur Krönung Leopold II. entsteht „La Clemenza di Tito". Erst die überaus erfolgreiche Uraufführung der „Zauberflöte" (1791) am Wiener Freihaus-Theater bringt wieder Geld. Der mysteriöse Requiem-Auftrag ergeht an einen Kränkelnden, den am 5. Dezember 1791 ein „hitziges Friselfieber" hinwegrafft.
Einen Menschen in seiner Zeit, das, was an seinem Lebensweg äußerlich nachvollziehbar ist, zeigen in dieser Ausstellung berührende Notenhandschriften und Briefe, Auf f ührungs-Illustrationen und zeitgenössische Porträts, Musikinstrumente, naturwissenschaftliche oder volkskundliche Objekte. Wenig gelungen scheinen die bühnenbildartigen Szenarien zu den großen Mozartopern in ihrer stilistischen Unentschlossenheit. Angenehm ist die Unterteilung in viele kleine Einzelräume nur bei geringem Besucherandrang (den die Ausstellung keinesfalls verdient), gehörverwirrend der „Musikkanal", in dem Mozartsche Musikzitate chronologisch aneinandergereiht sind. Und: Das Genie ist nicht sichtbar zu machen.
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