Und Eva mochte Äpfel

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34 biblische Geschichten werden in Eleonore Becks Sammelband "quergedacht". Ein geglücktes, humorvolles und spannendes Unterfangen.

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34 biblische Geschichten werden in Eleonore Becks Sammelband "quergedacht". Ein geglücktes, humorvolles und spannendes Unterfangen.

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Was wäre, wenn Eva den Apfel nicht gegessen hätte?" Schon im Titel dieses Buches wird klar, woran gekratzt wird: An jeder exegetischen Festgefahrenheit, an immer gleichen Antworten und Interpretationen, denen das Persönliche und Herausfordernde biblischer Geschichten aus dem Blick gerät. "Die Bibel anders lesen", das war es, wovon sich die Herausgeberin Eleonore Beck frischen Wind erhoffte und "neue Zugänge in ein im Grunde doch bekanntes Haus".

34 Erzählungen aus dem Alten und Neuen Testament einfach querzudenken ist nicht nur ein spannendes Projekt - sondern auch geglückt: Teils komisch, teils persönlich oder reflektiert-wissenschaftlich schreiben die 14 Autorinnen und Autoren Geschichten um, setzen andere Entscheidungen voraus und spinnen fiktive Folgen weiter. Die exegetischen Methoden, derer sie sich dabei bedienen, sind unterschiedlich. Und ebenso unvorhersehbar sind die Ausgänge ihrer neu entworfenen Geschichten.

Wenn Eva den Apfel nicht gegessen hätte, wäre es demnach nicht nur nicht zum Sündenfall gekommen: Die Menschheit wäre in der Geschichtslosigkeit des Paradieses verharrt, skizziert die Tübinger Theologin und Schriftstellerin Eleonore Beck in der ersten, titelgebenden Perikopen-Variation. Gott hätte gar keine Möglichkeit gehabt, sich angesichts der Schwäche des Menschen als der Gnädige, der Menschenfreund zu erweisen.

Ganz anders, nämlich tragisch endet die "Was wäre, wenn ..."-Variante der Theologin und Seelsorgerin Ida Lamp: Erzvater Abraham nimmt hier den Auftrag Gottes ernst, seinen einzigen Sohn zu opfern. Er schlachtet Isaak gehorsam - und muss eben diesen Gehorsam büßen: Gebrochen vom Schmerz über den Verlust des geliebten Sohnes straft ihn seine Frau Sara mit Schweigen. Und auch sein Gott macht sich rar: Im letzten hat Abraham dem Wunsch jenes "Gottes der Lebenden" nicht entsprochen. So endet die Geschichte mit dem Tod Isaaks, des Sohnes der Verheißung, und mit dem Schweigen jenes Bundesgottes, der seinem Knecht Nachkommen versprochen hat, "zahlreich wie den Staub auf der Erde".

Goliat überlebt David...

Wie anders wäre die Heilsgeschichte verlaufen, "... wenn Mose kein neugieriger Mann gewesen wäre?", "... wenn Goliat den David erschlagen hätte?" oder "... wenn Hosea eine glückliche Ehe geführt hätte?". All diese Optionen und viele mehr werden in diesem Buch unter die Lupe genommen und in erfrischend spielerischen Bildern an die Wand gemalt.

In klassischer Exegeten-Manier nähert sich der Hochschulprofessor Rolf Baumann der Frage "Was wäre, wenn Christus nicht auferweckt worden wäre?" Seine Anwort: Jesu Schreien am Kreuz zu seinem "Abba", sein Festhalten am väterlichen Gott bliebe ohne Antwort "leerer Wahn". Provokant machen sich dagegen Baumanns Prophezeiungen für die Frauen in der Kirche aus, "... wenn Paulus an Phöbe, Diakonin der Gemeinde in Kenchreä, einen Brief geschrieben hätte".

Der Autor zeichnet einen selbstkritischen Apostel, der frauenkritische Entscheide von einst revidiert und die Frauen im Dienst des Evangeliums auffordert: "Auch ihr seid Erben Gottes und Miterben Christi! ... Wer euch anderes lehrt..., der will euch als Freigewordene erneut zu Sklaven machen."

Die Gedanken sind frei: Ebenso ziehen die Autorinnen und Autoren ihre eigenen Schlüsse aus persönlichen Zugängen zu biblischen Texten. Ein Unterfangen, das dazu reizt, es selbst zu wagen: Die Bibel anders zu lesen, herausgefordert von der Tragweite der Entscheidungen von Eva, Abraham, Mose, David, Hosea, Jesus von Nazaret, Paulus und vielen anderen. Ein Buch, das unterhält - und das trifft. Man muss sich nur treffen lassen.

Was wäre, wenn Eva den Apfel nicht gegessen hätte? Die Bibel anders gelesen. Hg. von Eleonore Beck. Schwabenverlag,. Ostfildern 2000. 198 Seiten, kt., öS 218,-/e 14,77

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