Eule - © Foto: Marie-Lan Nguyen (cc by 2.5); Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger

„In sich hinein und ein wenig weiser“

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Der Philosoph Peter Strasser prüft in diesem Essay, ob jener, der zuletzt lacht, wirklich am besten lacht. Humanistische Einsichten in einer lauschigen Nacht.

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Der Philosoph Peter Strasser prüft in diesem Essay, ob jener, der zuletzt lacht, wirklich am besten lacht. Humanistische Einsichten in einer lauschigen Nacht.

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Als ich, Faschingsmuffel, von der – so meine Mutmaßung – verschmitzt lächelnden Redakteurin gebeten wurde, aus Anlass der närrischen Zeit einen Essay zum Thema „Wer zuletzt lacht, lacht am besten“ zu schreiben, da kam mir jener Witzeerzähler in den Sinn, der sein Auditorium, eine stammtischgeeichte Witzeerzählerrunde, nach dem angeblich letzten Witz verlässlich wissen ließ: „Einer geht noch.“ Indem er seinen angeblich allerletzten Witz bereits einlachte, versicherte der Witzeerzähler seiner vom Lachen über den letzten matten Witz ermatteten Runde, es handle sich um einen ganz kurzen: „Frage: Wie kastriert man einen Kühlschrank? Antwort: Tür auf, Eier raus, Tür zu!“ Da über diesen schlüpfrigen Witz alle schon dutzende Male gelacht hatten, lachten auch jetzt wieder alle bemüht herzlich, während sie dem Witzeerzähler, der am lautesten und längsten lachte, neidlos attestierten, dass, wer zuletzt lache, am besten lache.

Dieses in Faschingslaune eingeräumte Zugeständnis erzürnte nun aber den Witzeerzähler gegen die Runde, die ihm beim Lachen höflich den Vortritt ließ. Denn gerade an diesem Abend hatte er es darauf angelegt, nicht als Letzter zu lachen. Sein Ziel war es vielmehr gewesen, die Lachlust der stammtischgeeichten Witzeerzählerrunde derart anzustacheln, dass diese aus voller Kehle herzlich lachte, wenn er selbst schon ernsthaft dabei war anzukündigen: „Einer geht noch.“ Damit hätte er sich als Witzekönig positioniert!

„Es ist mir längst vergangen“

Und nun war ihm aber der ganze Abend verdorben, weil das Lachen aus der ermatteten Runde – das hatte er wohl bemerkt – eine Geste der Höflichkeit gewesen war. Jetzt blieb ihm nur die Demütigung, über seinen eigenen Witz als Letzter gelacht zu haben. Denn der, der über seinen eigenen Witz zuletzt lacht, kann nie und nimmer der Witzekönig sein. So lautet das ungeschriebene Gesetz der närrischen Witzekönigswürde.

Ich möchte an dieser Stelle einflechten, dass ich kein Fan von stammtischgeeichten Witzeerzählerrunden bin. Doch ein Freund hatte mich mit der Lockung gedrängt, auf „ein paar Gläser“ mitzugehen, was mich wenig begeisterte, da ich abstinent bin. Aber sei’s drum, dachte ich, es wäre ein Faschingsaffront, mich spröde zu verweigern. Und gute Ausrede war mir keine eingefallen, außer höchstens die, dass es mir in der närrischen Zeit am liebsten sei, erst gar nicht aus dem Fenster zu schauen, um nicht womöglich eine Pappnase oder sonst ein Belustigungsrequisit an einem zufällig draußen vorbeihüpfenden Bekannten ansehen und belachen zu müssen. Aber ich verschwieg mich.

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