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Lieber Herr Finanzminister!

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Ich hab in der Zeitung gelesen, daß Sie den Bestattungskostenbeitrag, ein schweres Wort, streichen wollen. Wenn ich schon das Zeitliche gesegnet hätte, na bitte, warum nicht, aber so, wo ich noch lebe, da trifft mich das schon sehr hart.

Sie müssen nämlich wissen, daß ich sonst nichts habe als die Hoffnung auf eine schöne Leich, wie man so sagt. Mein ganzes Leben bisher war ein einziges Schlamassel, ich will Ihnen das nicht im einzelnen aufzählen, und jetzt auch das noch. .

Was haben Sie sich denn dabei gedacht, Herr Finanzminister? Sie haben es ja gut, denn Sie bekommen sicher einmal ein Ehrengrab am Wiener Zentral, wenn Sie so weitermachen. Aber unsereiner, unsereiner verscherren Sie einmal wie einen toten Hund ohne den Zuschuß, den Sie uns streichen. Auf die Pensionserhöhung kann ich verzichten, was brauch' ich denn noch. Auch daß das erhöhte Werbungskostenpauschale in die Binsen geht, läßt mich kalt, wofür soll ich noch werben.

Aber der Bestattungszuschuß, den Sie streichen wollen, der bereitet mir schlaflose Nächte.

Derweilen hätte ich mir meine Leich' so schön vorgestellt: Holzsarg mit Messinggriffen, echte Blasmusik, Pfarrer mit vielen Ministranten und nachher Bindfleisch mit Semmelkren und ein Krügel Bier für alle. Ist das zu viel, als letzten Wunsch für einen Menschen, der sein Lebtag brav Steuern gezahlt hat?

Bei der Heiratsbeihilfe war es ja leicht, wenn's wer noch erwischen wollte, dann hat er halt noch schnell geheiratet, bevor's zu spät war.

Aber was soll ich tun, daß ich noch schnell die Begräbniszulage bekomme?

Jetzt sehen Sie, Herr Finanzminister, wie wir Ihnen ausgeliefert sind.

Das ist nicht schön von Ihnen, daß Sie uns so behandeln, noch dazu wo wir Ihnen gar nichts getan haben.

Aber das war ja schon immer so, daß man die Kleinen ausnimmt wie eine Weihnachtsgans und die Großen können es sich richten.

Herr Finanzminister, ein Vorschlag, gehen Sie einmal mit bei so einer Arme-Leute-Leich, gehen Sie einmal mit, dann werden Sie schon sehen, was das für eine traurige Angelegenheit ist. Ist schon das Sterben nichts Lustiges nicht, aber arm begraben werden, das ist dann ja direkt zum Weinen.

Überlegen Sie sich's noch einmal gut, Herr Finanzminister, und lassen Sie ein bißchen Ihr Herz sprechen, Sie haben doch eines, oder?

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