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Barock und Jugendstil

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Der 1599 in Bissone am Luganersee geborene Architekt Francesco Borro- mini, der sich 1667 selbst den Tod gab, war einer der drei großen Meister des Barocks und gehört innerhalb der Architekturgeschichte zu jenen seltenen schöpferischen Erscheinungen, die die Baukunst von Grund auf neu gestalten und revolutionieren. Mit seinen Vorbildern „Die Natur, die Antike und Michelangelo“ wurde er zum großen Gegenpol seines Zeitgenossen Gian Lorenzo Bemini, zum Antiklassiker, der Regeln und Normen in Frage stellte. Sein äußerst persönlicher Stil wurde zum dominierenden Einfluß der nächsten Architektengeneration, besonders in Piemont (Guarini) und half damit den Barockstil der Architektur in Süddeutschland und Österreich zu formen.

Seine Entwürfe können auf einfache geometrische Grundformen reduziert werden, vor allem auf Ovale und Dreiecke. Formen, die bisher nicht in der Architektur verwendet wurden, aber sie sind so eng ineinander ver woben, überschnedden sich und überdecken sich und sind in ihrer Anwendung so meisterhaft verkleidet, daß man den Eindruck eines frei modellierten Raumes gewinnt. Die architektonischen Elemente werden nicht wie in der Renaissance und im Manierismus klar gegeneinander abgesetzt, sondern gehen ineinander über. Nichts ist fest oder eindeutig begrenzt. Borrominis Meisterwerk ist die Kirche von San Carlo alle Quattro Fontane (1641 vollendet) mit einem Grundriß von einander durchdringenden Ovalen, die zu einem atmenden abwechselnd konvex-konkavem Raum wurden.

Die von 1665 an erbaute Fassade (das letzte Hauptwerk Borrominis) verwendet ebenfalls konsequent die Spannung zwischen konvexer und konkaver Bewegung. Diese plastische Biegung und Dehnung überkommener Ordnungen ist auch an allen anderen Bauten Borrominis in Rom, einem Teil des Palazzos Barbarini, dem Oratorio San Filippo Neri, dem Collegium della Propaganda Fidei, an der Anlage von Sant’ Ivo alla

Sapienza, in Agnese und am

Turm von Sant’ Andrea delle Fratte zu finden.

Die Österreichische Kulturvereinigung hat diesem großen Architekten in Zusammenarbeit mit der Stiftung Pro Helvetia eiine mit hervorragenden Photos dokumentierte außerordentlich instruktive Ausstellung gewidmet, die derzeit in der Albertina zu sehen ist und nicht versäumt werden sollte.

Im Wiener Künstlerhaus, in seiner Galerie, ist derzeit eine bemerkenswerte Verkaufsausstellung von Arbeiten aus dem Jugendstil und aus den zwanziger Jahren etabliert, die zum größten Teil auserlesene Arbeiten von damals international anerkannten Künstlern der Zeit anbietet. Hier findet man neben hervorragenden Möbeln, Vasen und Schalen von Josef Hoff mann, Arbeiten von

Emile Gallé, Loetz, Lobmeyr, Po- wolny und Vally Wieselthier ebenso wie einen Teetisch von Josef Olbrich und Bilder von Kolo Moser, Jehudo Epstein und Carl Moll. Zusammen mit anderem internationalem Kunstgewerbe der Zeit ergibt das eine erstaunliche und instruktive Ausstellung, die noch den zusätzlichen Reiz besitzt, daß noch einige der Objekte zu erschwinglichen Preisen zu haben sind.

Kulturnotizen

• Giorgio Bassani wurde in Venedig der Premlo Campiello, einer der bedeutendsten italienischen Literaturpreise, für seinen Roman „Der Reiher“ zugesprochen.

• Jean Anouilh hat Karlheinz Stroux sein neues Stück „Die roten Fische" für das Düsseldorfer Schauspielhaus zur deutschen Erstaufführung überlassen.

• In Moskau wurde das Redaktionsprogramm für 1970 der literarischen Monatsschrift „Nowy Mir" bekannt. Die Zeitschrift plant unter anderem Veröffentlichungen aus dem literarischen Nachlaß von Boris Pasternak.

Musica-Antiqua-Jubiläum im Stephansdom und

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