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Das erzbischöfliche Dom- und Diözesan-museum

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Man muß dem gütigen Geschick dafür dankbar sein, daß die kostbaren Bestände dieses Museums durch all die Wirrnisse und Katastrophen der letzten Jahre gerettet werden konnten, so daß dieses Museum als erste unter den großen Wiener Kunstsammlungen wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann.

Der Leiter Universitätsprofessor Dr. Anselm Weißenhofer hat an der Aufstellung der einzelnen Kunstgegenstände in diesen herrlichen Barockräumen nicht viel geändert und sein Hauptaugenmerk darauf gerichtet, eine zu starke Anhäufung von Kunstwerken zu vermeiden, um jedes einzelne voll zur Wirkung gelangen zu lassen. Die derzeit noch unzugängliche Barockgalerie im Wintergarten kann erst nach Lösung der Depotfrage eröffnet werden. Die an verschiedenen Orten verlagerten Kunstschätze wieder zurückzubringen, war eine außerordentliche Leistung, für die dem Leiter und dem Sekretariat des Museums der Dank aller Kunstfreunde gebührt. Die verhältnismäßig unbedeutenden Schäden, die einzelne Bilder und die Sandsteinplastiken erlitten haben, werden sich im Laufe der nächsten Zeit leicht beheben lassen.

Das Museum enthält eine Reihe von Kunstwerken, die in der österreichischen Kunstentwicklung einen sehr bedeutsamen Rang einnehmen. In erster Linie muß hier wohl das Bildnis „H erzog Rudolfs IV., des Stifters“ erwähnt werden, das älteste selbständige Bildnis der deutschen Kunst profanen Charakters, ein einzigartiges Denkmal österreichischer Tafelmalerei, das in der Großausstellung österreichischer Kunst, die für diesen Herbst vorgesehen ist, einen besonderen Platz einnehmen wird. Hier sei auch gleich des Totenkleides des Herzogs Rudolf IV. gedacht, eines köstlichen persischen, in der Zeichnung unter chinesischem Einfluß stehenden Seidenbrokats, der aus dem Jahre 1325 stammt.

Zu den Hauptstücken des Museums zählt der herrliche Ober - St. - Veiter Altar des Dürer - Schülers Leonhard Schauffelein, in Nürnberg um 1508, zum Teile nach Vorlagen, vielleicht sogar in der Werkstatt Albrecht Dürers gemalt.

Neben den spätmittelalterlichen Bildwerken sind natürlich vor allem die barocken Bilder zu erwähnen, von Johann Spillen-bergers prächtigem Aufsatzbild aus dem Frauenchor von St. Stephan bis herauf zu den Entwürfen und Bildern der Barockmeister Altomonte, J. M. Rottmayr, Maul-pertsch und des Kremser-Schmidt. Sehr reich sind die Bestände an guten Werken des 19. Jahrhunderts. Das meisterhafte Bildnis des Kardinals Rauscher von Friedrich Amer-ling gehört zu den besten Porträts dieses Künstlers.

Die herrlichen Holzskulpturen des Heiligen Grabes aus der Dominikanerkirche stammen vermutlich von dem Donner-Schüler J. G. Dorfmeister. Die köstlichen Tonmodelle Giovanni Giulianis aus Heiligenkreuz, die Reliquiare des hl. Leopold (16. Jahrhundert) und des hl. Paulus (aus dem Ende des 12. Jahrhunderts stammend, an Arbeiten des Meisters Nikolaus von Verdun erinnernd), die interessante „Hl. Anna Selbdritt“ (um 1340) vom Südturm des Domes und eine bemerkenswerte Schutzmantel-Muttergottes aus der Mitte des 15. Jahrhunderts fallen bei einem Rundgange durch die Schauräume besonders auf.

Jedes einzelne dieser Museumsstücke lohnte eine eingehende Betrachtung, das Museum selbs aber verdiente den regen Besuch aller Freunde religiöser Kunst.

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