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Serenadenmusik im Arkadenhof des Rathauses

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Die Serenadenkonzerte, die mit Unterstützung des Amtes für Kultur und Volksbildung der Stadt Wien im Arkadenhof des Rathauses ab- gehalten werden, sind schon fast eine feste Tradition geworden und erfreuen sich eines äußerst regen Besuches. Ihre Programme umfassen die Werke der Klassik und Romantik, auf die natürlich jeder Dirigent den Schwerpunkt legen wird, sie verschmähen aber auch nicht die Moderne bis zu den Vertretern der lebendigen Gegenwart. In den letzten drei Konzerten vom 21., 24. und 28. Juli 1954, die die Dirigenten Robert S c h o 11 u m, Etti Zimmer und Kurt R a p f — jeder von ihnen bereits eine fest um- rissene und ausgeprägte Musikerpersönlichkeit — leiteten, spannte sich der klingende Bogen von Telemann und Gluck über die Klassiker Mozart, Haydn, Beethoven und die Romantiker Schubert, Dvorak, Fuchs bis zur Moderne, die durch Werke von Bartök, Kodaly, Marko Frank, Fritz Raceck und Robert Schollum selbst repräsentiert wurde.

Das geschlossenste Programm bot der Dirigent Schollum, das er meisterhaft mit dem „Kammerorchester der Wiener Konzerthausgesellschaft" interpretierte. Besonders schön die „Deutschen Tänze" von Schubert und die E-moll-Symphonie Nr. 44 von Haydn. Scho 1 Iums eigenes Werk „Drei Stücke für Flöte, Solovioline und Streichorchester" mochte durch seine „lineare und etwas herbe Haltung" auf manchen Zuhörer wie ein Einsprengsel in die Welten des 18. und frühen 19. Jahrhunderts wirken. Dennoch zeigt es eine tiefe Verwandtschaft zur Welt des Frühbarocks, wenn man nur genau auf den Zwiegesang von Flöte und Violine hinzuhören verstand.

Etti Zimmers ruhige und vornehme Art führte das Orchester des „Neuen Wiener Konzertvereins" mit Mozarts A-dur-Symphonie Haydn, Beethoven, über die Romantiker Schubert, op. 22, zu Höhepunkten. Marko Franks „Lustspielouvertüre" war ein effektvolles, sommerliches Gelegenheitsstück, und an Zoltan K o d a 1 y s „Sommerabend" konnte man die orchestrale Farbenkunst des ungarischen Meisters, der sich hier sehr auf die Folklore stützt, erneut bewundern.

Das letzte Konzert bestritt wiederum das „Kammerorchester", und Kurt R a p f erwies sich als besonders feinsinniger Mozart-, Gluck- und Schubert -Interpret, dem auch die folklo- ristische, tänzerische Welt Bela Bartöks sehr liegt. Beethovens „Achte" schien manchmal ein wenig zu akademisch und trocken zu klingen. Wo blieb die rheinländische Heiterkeit und auch die — zwar versteckte, aber doch vorhandene — Beethovensche Dämonie dieses Werkes?

Ein Sonderlob verdient Frau Ilse Katschinka für die wunderschön gesungenen Gluck-Arien aus „Iphigenie auf Tauris" und „Orpheus und Eurydike". Diese Stimme und ihre Ausdruckskunst möchte man bald wieder hören. Ebenso die Solisten des 7. Serenadenkonzertes, Anton Wolf Flöte, Viktor Redtenbacher Geige, Paul Fürst Bratsche.

Wenn der gestirnte Sommerhimmel über dem Arkadenhof leuchtet und ein leichter Sommerwind die Klänge zu den Sternen empor- und in die Herzen der Hörer hineinträgt, dann fühlt man sich wiederum geborgen im musikalischen Herzen Europas: in Wien.

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