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Ausklang der Festwochen

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Das Erlebnis des Abends war — trotz allem — Anna Magnani, die berühmte Tragödin des italienischen Films, für deren Rückkehr zur Bühne nach zwanzig Jahren Fronco Zeffirelli das Volksstück „La Lupo“ von Giovanni Verga inszeniert hat. Verga (1840 bis 1922), Zeitgenosse Zoläs und im Alleingang den italienischen Naturalismus oder Verismus schaffend, schrieb meisterliche Novellen, die er, wie zum Beispiel „Cav8|leria rusticana“, zu mittelmäßigen Operlibretti verarbeitet hat. „La Lupa“, die Wölfin, fand keinen Komponisten, und so wurde ein unbedeutendes Theaterstück mit melodramatischen Effekten daraus. Die Wölfin ist eine Frau, hinter der die Männer im Dorf her sind und der die Weiber ausweichen. Von fern an Schönherrs „Weibsteufel“ erinnernd, hat die Magnani in Vergas Zweiakter freilich nur eine Dutzendrolle auszufüllen, was sie mit eindrucksvoller Verhaltenheit, die sich nur selten zu elementarer Leidenschaft steigert, spielt. Wenn Zeffl-relli meint, daß „La Lupa“ eine der „modernsten, aber auch der gequältesten und verzweifeltsten“ Rollen der italienischen Dramenliteratur sei, dann sind der Magnani hier nur sehr beschränkte Möglichkeiten gegeben, zu zeigen, daß sie (nach Meinung von Tennessee Williams, dem Autor der „Tätowierten Rose“) „die größte heute lebende Schauspielerin“ sei.

Zeffirelli hat als Regisseur und Bühnenbildner das Stück reichlich mit sizilianischer Dorffolklore ausgestattet, und so wurde denn auf der Bühne des Burgtheater ausgiebig getanzt, gesungen, gebetet und gerauft. Neben der Magnani ist noch Osvaldo Ruggieri als Nanni, Opfer und Schwiegersohn der „Wölfin“, der er am Schluß aus Verzweiflung mit der Axt die Brust spaltet, sowie Annamaria Guarnieri als unglückliche Tochter und Nannis Frau zu nennen. Es gab jubelnden Beifall für Regisseur und Darsteller, vor allem für Anna Magnani.

Das Theater in der Josefstadt

bringt zwei Einakter von Peter Shaffer. In „Hören Sie zu!“ lädt ein weltfremder, musikbegeisterter Tolpatsch ein zufällig in einem Konzert kennengelerntes Mädchen zu sich nach Hause ein, wo er es mit zuviel seriöser Musik arg langweilt, während es seinem erfahrenen Freund leichtfällt, die sehr durchschnittliche junge Dame mit einem Twist für sich zu gewinnen. In „Geben Sie acht!“ läßt ein eifersüchtiger Ehemann seine junge Frau von einem Privatdetektiv überwachen, die sich in ihrer romantischen Veranlagung wochenlang von einem geheimnisvollen Fremden verfolgt fühlt. Die nüchterne Aufklärung bringt zwar die Enttäsuchung, führt aber die beiden Eheleute wieder zueinander. Das Hübscheste daran, der Einfall, wird leider durch einige Geschwätzigkeit beeinträchtigt. Der verwandlungsfähige Peter Matic und Gertraud Jesserer gefallen in Doppelrollen, assistiert von Horst Fitzhum und C. W. Fernbach. Hermann Kutscher führte in beiden Fällen Regie. Das Publikum unterhielt sich mäßig.

Im Volkstheater läßt Oskar Will-ner als Regisseur und Bearbeiter die Tragikomödie „Die Frau im Morgenrock“ von Ted Willis auf der Drehbühne abrollen und macht so die Handlung etwas kurzweiliger als sie in Wirklichkeit ist. Die Welt der schlampigen, in der Häuslichkeit nachlässigen Emmy droht zusammenzubrechen, als sie erfährt, daß ihr Mann, ein kleiner Angestellter, bei der Sekretärin seines Chefs Zuneigung und Trost findet. Aber schließlich erweist es sich doch, daß der Mann eher zu ihr und nicht zu der Jungen gehört. Paula Pfluger spielt das Frauenschicksal komisch, rührend und überzeugend. Joseph Hendrichs ist der etwas langweilige Ehemann, Helmt Mareich die kühle Sekretärin. Die Übersetzung der englischen Mittelstandatmosphäre ins Wienerische brachte einige Akzentverschiebungen. Das Publikum unterhielt sich gut.

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