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Der Urlaubsschreck

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Ich kenne die Welt. Und das Abenteuer. Ich kenne die schneeweißen Liegestühle von Gran Canaria, die leichtgelblichen von Fuerteventura und die vulkan-gefleckten von Lanzarote. Nur die von Teneriffa blieben mir - und meiner geliebten Frau - bisher noch unbekannt, aber bald werde ich auch diese weißen Flecken aus unserer persönlichen Abenteuer-Urlaubskarte tilgen.

Ich kenne die Welt nicht nur südlich von Wiener Neustadt, sondern auch nördlich von Linz und dabei denke ich nicht nur an die wenigen 17 Kilometer bis nach Kirchschlag, sondern darüber weit, weit hinaus. Als später Sproß mutiger Kreuzfahrer ließ ich mich - natürlich gemeinsam mit meiner geliebten Frau - in Kiel und Rremerhaven, in Genua und Venedig ein- beziehungsweise ausschiffen und nahm alle Strapazen von neun Mahlzeiten täglich - die nächtlichen konnte ich nicht mehr zählen -, mehrere Captains-Dinner, Rar- und Bingo-Be-suche auf mich und sogar ein bißchen Zeit, um Stockholm, Helsinki, St. Petersburg, Malta, Athen, Odessa und Jalta - wo ich jeweils bis zu zwei Stunden verbrachte und so alles Wesentliche besichtigte - zu sehen.

So wird man zum Weltreisenden.

Ich bin zwar ein Aufgeber - die Post finanziere ich täglich -, aber kein Angeber und deshalb setze ich die eilen- und kilometerlange Liste meiner Destinationen nicht mehr fort. Außerdem wollte ich heute gar nicht über meine Abenteuerreisen berichten, sondern mich - und mei -ne Frau - als „Urlaubsschreck“ stellen, als Fremdenverkehrsfeind Nummer eins. Es gibt nämlich kaum einen Urlaubsort, wo man uns nicht mit dem Satz „Also, so ein schlechtes Wetter hatten wir seit Jahren nicht mehr ...!“ empfangen hätte.

Ich kenne diesen Satz in nahezu allen Urlaubssprachen, wobei ich hier nur Italienisch, Spanisch, Türkisch, Griechisch und Schwedisch, von mehreren baltischen Dialekten ganz zu schweigen, erwähnen möchte. Nur auf Iwrit (Neu-Hebräisch) und auf Ägyptisch (Alt-Arabisch) habe ich den Satz, bedingt durch die andere Schreibweise, nicht verstanden; gesagt wurde es aber sicherlich.

Als guter Patriot und Mit-Hüter unserer eisernen Goldreserven (eine metallische Unmöglichkeit) mache ich natürlich auch in Österreich Urlaub. Obwohl ich westlich von Purkersdorf bereits sprachliche Probleme habe, liebe ich die Welt- und Minderheitenoffenheit unserer zweisprachigen Kärntner Seen genauso wie die niedrigen Preise unseres deutscharmen Salzkammergutes im August.

Den oben zitierten Satz des „... seit Jahren nicht mehr gehabt...“ kenne ich - wegen der gleichen Schreib- und trotz der unterschiedlichen Sprechweise zwischen Boden- und Neusiedlersee - in- und auswendig.

Helga, meine nicht nur geliebte, sondern auch ob ihres Fleißes außerordentlich geschätzte Frau, packt nicht nur je Reise drei Koffer und vier Taschen, sondern - anscheinend -auch das schlechte Wetter ein. Wo wir auch hinkommen, hören wir nahezu überall den mehrmals zitierten, ominösen Satz. Selbst in Kirchschlag bei Linz, wo wir Regen, Nebel und Wind aus den Fenstern unserer kleinen Ferienwohnung genießen, trete ich in der Rolle eines „Urlaubsschrecks“ auf. Und jetzt werden auch die geneigten Fl.'RCHK-Leser verstehen, warum ich von Haus und Natur aus ein körperlich fauler Mensch bin, der kaum etwas so ablehnt, wie das Ein- und Auspacken von Koffern und Taschen, das ohnedies immer meine Frau erledigt. Jetzt aber muß ich Schluß machen, da unsere nächste Reise vor der Tür und hinter der Schönwetterfront steht.

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